§ 5
Erwerb der besonderen praktischen Erfahrungen
(1)
Der Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen setzt voraus, dass die Antragstellerin oder der Antragsteller innerhalb der letzten drei Jahre vor der Antragstellung im Fachgebiet als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt persönlich und weisungsfrei bearbeitet haben:
a)
Verwaltungsrecht: 80 Fälle, davon mindestens 30 gerichtliche Verfahren. Mindestens 60 Fälle müssen sich auf drei verschiedene Bereiche des besonderen Verwaltungsrechts beziehen, dabei auf jeden dieser drei Bereiche mindestens 5 Fälle. Von den drei Bereichen muss einer zu den in § 8 Nr. 2 aufgeführten Bereichen gehören.
b)
Steuerrecht: 50 Fälle aus allen in § 9 genannten Bereichen. Dabei müssen mit jeweils mindestens 5 Fällen alle in § 9 Nr. 3 genannte Steuerarten erfasst sein. Mindestens 10 Fälle müssen rechtsförmliche Verfahren (Einspruchs- oder Klageverfahren) sein.
c)
Arbeitsrecht: 100 Fälle aus allen der in § 10 Nrn. 1 a) bis e) und 2 a) und b) bestimmten Gebiete, davon mindestens 5 Fälle aus dem Bereich des § 10 Nr. 2 und mindestens die Hälfte gerichts- oder rechtsförmliche Verfahren. Als Fälle des kollektiven Arbeitsrechts gelten auch solche des Individualarbeitsrechts, in denen kollektives Arbeitsrecht eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Beschlussverfahren sind nicht erforderlich.
d)
Sozialrecht: 60 Fälle aus mindestens drei der in § 11 Nr. 2 bestimmten Gebiete, davon mindestens 20 gerichtliche Verfahren.
e)
Familienrecht: 120 Fälle. Mindestens 60 der Fälle müssen gerichtliche Verfahren sein; dabei zählen gewillkürte Verbundverfahren sowie Verfahren des notwendigen Verbundes mit einstweiligen Anordnungen doppelt.
f)
Strafrecht: 60 Fälle, dabei 40 Hauptverhandlungstage vor dem Schöffengericht oder einem übergeordneten Gericht.
g)
Insolvenz- und Sanierungsrecht
1.
Mindestens 5 eröffnete Verfahren aus dem ersten bis sechsten Teil der InsO als Insolvenzverwalterin oder Insolvenzverwalter oder als Verfahrenskoordinatorin oder Verfahrenskoordinator gemäß § 269e InsO; in zwei Verfahren muss die Schuldnerin oder der Schuldner bei Eröffnung mehr als fünf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen;
2.
60 Fälle aus mindestens sieben der in § 14 Nr. 1 und 2 bestimmten Gebiete.
3.
Die in Nr. 1 bezeichneten Verfahren können wie folgt ersetzt werden:
a)
Jedes Verfahren mit mehr als fünf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch sechs Verfahren als
–
Sachwalterin oder Sachwalter nach § 270 InsO,
–
vorläufige Insolvenzverwalterin oder vorläufiger Insolvenzverwalter,
–
vorläufige Sachwalterin oder vorläufiger Sachwalter gemäß § 270b InsO,
–
Beauftragte oder Beauftragter gemäß § 74 StaRUG oder § 78 StaRUG oder § 94 StaRUG,
–
Sanierungsgeschäftsführerin oder Sanierungsgeschäftsführer,
–
Sanierungsgeneralbevollmächtigte oder Sanierungsgeneralbevollmächtigter,
–
Vertreterin oder Vertreter der Schuldnerin oder des Schuldners im Insolvenz- oder gerichtlichen Restrukturierungsverfahren.
b)
Jedes andere Verfahren durch zwei der in Buchstabe a) genannten Verfahren.
4.
Außerdem sind für jedes zu ersetzende Verfahren weitere acht Fälle aus den in § 14 Nr. 1 und 2 bestimmten Gebieten nachzuweisen.
h)
Versicherungsrecht: 80 Fälle, davon mindestens 10 gerichtliche Verfahren. Die Fälle müssen sich auf mindestens drei verschiedene Bereiche des § 14a beziehen, dabei auf jeden dieser drei Bereiche mindestens 5 Fälle.
i)
Medizinrecht: 60 Fälle, davon mindestens 15 rechtsförmliche Verfahren (davon mindestens 12 gerichtliche Verfahren). Die Fälle müssen sich auf mindestens 3 verschiedene Bereiche des § 14b Nr. 1 bis 8 beziehen, dabei auf jeden dieser drei Bereiche mindestens 3 Fälle.
j)
Miet- und Wohnungseigentumsrecht: 120 Fälle, davon mindestens 60 gerichtliche Verfahren. Mindestens 60 Fälle müssen sich auf die in § 14c Nr. 1 bis 3 bestimmten Bereiche beziehen, dabei auf jeden dieser drei Bereiche mindestens 5 Fälle.
k)
Verkehrsrecht: 160 Fälle, davon mindestens 60 gerichtliche Verfahren. Die Fälle müssen sich auf mindestens 3 verschiedene Bereiche des § 14d Nr. 1 bis 4 beziehen, dabei auf jeden dieser drei Bereiche mindestens 5 Fälle.
l)
Bau- und Architektenrecht: 80 Fälle, davon mindestens 40 gerichtliche Verfahren (davon mindestens 3 selbstständige Beweisverfahren). Mindestens jeweils 5 Fälle müssen sich auf die Bereiche des § 14e Nr. 1 und 2 beziehen.
m)
Erbrecht: 80 Fälle, davon mindestens 20 rechtsförmliche Verfahren (davon höchstens 15 Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Die Fälle müssen sich auf alle in § 14f Nr. 1 bis 5 bestimmten Bereiche beziehen, dabei aus drei Bereichen mindestens jeweils 5 Fälle.
n)
Transport- und Speditionsrecht: 80 Fälle, davon mindestens 20 gerichtliche Verfahren oder Schiedsverfahren. Die Fälle müssen sich auf den in § 14g Nr. 1 bestimmten Bereich und mindestens zwei weitere Bereiche der Nr. 2 bis 8 beziehen, dabei auf jeden dieser drei Bereiche mindestens 3 Fälle.
o)
Gewerblicher Rechtsschutz: 80 Fälle aus mindestens drei verschiedenen Bereichen des § 14h Nr. 1 bis 5, dabei aus jedem dieser drei Bereiche jeweils mindestens 5 Fälle. Höchstens fünf Fälle dürfen Schutzrechtsanmeldungen sein, wobei eine Sammelanmeldung als eine Anmeldung zählt. Mindestens 30 Fälle müssen rechtsförmliche, davon mindestens 15 gerichtliche Verfahren sein.
p)
Handels- und Gesellschaftsrecht: 80 Fälle aus mindestens drei verschiedenen Gebieten der Bereiche des § 14i Nr. 1 und 2, davon mindestens 40 Fälle, die gerichtliche Streitverfahren, Schieds- oder Mediationsverfahren und/oder die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen oder die Gründung oder Umwandlung von Gesellschaften zum Gegenstand haben. Von diesen 40 Fällen müssen mindestens 10 Fälle gerichtliche Streitverfahren oder Schieds- oder Mediationsverfahren und mindestens 10 Fälle die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen oder die Gründung oder Umwandlung von Gesellschaften zum Gegenstand haben.
q)
Urheber- und Medienrecht: 80 Fälle aus allen Bereichen des § 14j Nr. 1 bis 6. Von diesen Fällen müssen sich mindestens je 5 auf die in § 14j Nr. 1 bis 3 genannten Bereiche beziehen. Mindestens 20 Fälle müssen gerichtliche Verfahren sein.
r)
Informationstechnologierecht (IT-Recht): 50 Fälle aus den in § 14k genannten Bereichen. Die Fälle müssen sich auf die Bereiche des § 14k Nr. 1 und 2 sowie auf einen weiteren Bereich des § 14k beziehen, dabei auf jeden dieser drei Bereiche mindestens 3 Fälle. Mindestens 10 Fälle müssen rechtsförmliche Verfahren (z. B. Gerichtsverfahren, Verwaltungsverfahren, Schlichtungs- oder Schiedsverfahren) sein. Ebensolche Verfahren vor internationalen Stellen werden angerechnet.
s)
Bank- und Kapitalmarktrecht: 60 Fälle, davon mindestens 30 rechtsförmliche Verfahren. Die Fälle müssen sich auf mindestens drei verschiedene Bereiche des in § 14l Nr. 1 bis 9 beziehen, dabei auf jeden dieser drei Bereiche mindestens 5 Fälle.
t)
Agrarrecht: 80 Fälle. Von diesen Fällen müssen sich mindestens jeweils 10 Fälle auf die in § 14m Nr. 1 und 2 benannten Bereiche beziehen. Mindestens 20 Fälle müssen rechtsförmliche Verfahren (Gerichtsverfahren, außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren, Schlichtungs- oder Schiedsverfahren) sein.
u)
Internationales Wirtschaftsrecht: 50 Fälle aus den in § 14n genannten Bereichen, davon mindestens 5 rechtsförmliche Verfahren vor deutschen oder ausländischen (einschließlich EU) Gerichten und Behörden. Die Fälle müssen sich auf mindestens 3 verschiedene Bereiche des § 14n beziehen, dabei mindestens 15 Fälle aus den Bereichen des § 14n Nr. 3, 4 oder 5.
v)
Vergaberecht: 40 Fälle aus den Bereichen des § 14o, davon mindestens 5 gerichtliche Verfahren oder Nachprüfungsverfahren.
w)
Migrationsrecht: 80 Fälle aus den in § 14p Nr. 1 bis Nr. 6 genannten Bereichen, davon mindestens 60 aus mindestens zwei der in § 14p Nr. 1 bis Nr. 4 genannten Bereiche. Mindestens 30 Fälle müssen gerichtliche Verfahren sein, hiervon mindestens 15 aus den in § 14p Nr. 1 bis Nr. 4 genannten Bereichen.
x)
Sportrecht: 80 Fälle, davon mindestens 20 rechtsförmliche Verfahren (Sportverbandsgerichtsverfahren, sonstige Gerichtsverfahren, außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren, Schlichtungs- oder Schiedsverfahren). Die Fälle müssen sich auf mindestens drei verschiedene Bereiche des § 14q Nr. 1, 3 bis 11 beziehen, dabei auf jeden dieser drei Bereiche mindestens fünf Fälle.
(2)
Als Fälle im Sinne von Abs. 1 gelten auch solche, die die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt als Anwaltsnotarin oder Anwaltsnotar bearbeitet hat, sofern sie auch von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt ohne notarielle Bestellung hätten bearbeitet werden können.
(3)
Der Zeitraum des § 5 Abs. 1 verlängert sich
a)
um Zeiten eines Beschäftigungsverbotes nach den Mutterschutzvorschriften;
b)
um Zeiten der Inanspruchnahme von Elternzeit;
c)
um Zeiten, in denen wegen besonderer Härte die anwaltliche Tätigkeit eingeschränkt war. Härtefälle sind auf Antrag und bei entsprechendem Nachweis zu berücksichtigen.
2Eine Verlängerung ist auf 36 Monate beschränkt.
(4)
Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit einzelner Fälle können zu einer höheren oder niedrigeren Gewichtung führen.