SAG

Sanierungs- und Abwicklungsgesetz

Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen

Vom 10.12.2014 (BGBl. I S. 2091)

Zuletzt geändert am 27.12.2024 (BGBl. I S. Nr. 438)

Teil 2
Aufsichtsrechtliche Vorschriften und Anforderungen zur Vorbereitung der Sanierung und zur Frühintervention
Kapitel 1
Sanierungsplanung
§ 12Sanierungsplanung
Kapitel 2
Gruppeninterne finanzielle Unterstützung
§ 22Vereinbarung über gruppeninterne finanzielle Unterstützung
Teil 3
Abwicklungsrechtliche Vorschriften und Anforderungen zur Vorbereitung der Restrukturierung und Abwicklung
Kapitel 1
Abwicklungsplanung
§ 40Erstellung und Aktualisierung von Abwicklungsplänen
Kapitel 2
Anforderungen in Bezug auf berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, relevante Kapitalinstrumente und genehmigtes Kapital
Abschnitt 1
Mindestbetrag berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten
§ 49Anwendung und Berechnung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten
Abschnitt 2
Genehmigtes Kapital und andere Instrumente harten Kernkapitals
§ 56Beseitigung der verfahrenstechnischen Hindernisse für das Instrument der Gläubigerbeteiligung
Kapitel 4
Gründung von Brückeninstituten und Vermögensverwaltungsgesellschaften
§ 61Gründung von Brückeninstituten und Vermögensverwaltungsgesellschaften
Teil 4
Abwicklung
Kapitel 1
Abwicklungsbefugnis, Voraussetzungen und weitere Befugnisse
§ 62Abwicklungsvoraussetzungen in Bezug auf Institute
Kapitel 2
Abwicklungsinstrumente
Abschnitt 1
Beteiligung der Anteilsinhaber und Gläubiger
§ 89Instrument der Beteiligung der Inhaber relevanter Kapitalinstrumente
Abschnitt 2
Übertragung von Anteilen, Vermögenswerten, Verbindlichkeiten und Rechtsverhältnissen
Unterabschnitt 1
Allgemeine Vorschriften
§ 107Übertragung
Unterabschnitt 2
Besondere Vorschriften für das Instrument der Unternehmensveräußerung
§ 126Vermarktungsprozess; Verordnungsermächtigung
Unterabschnitt 3
Besondere Vorschriften für das Instrument der Übertragung auf ein Brückeninstitut
§ 128Verfassung des Brückeninstituts
Unterabschnitt 4
Besondere Vorschriften für das Instrument der Übertragung auf eine Vermögensverwaltungsgesellschaft
§ 132Zusätzliche Anwendungsvoraussetzungen; Verordnungsermächtigung
Abschnitt 3
Abwicklungsanordnung; Vorschriften für das Verfahren; Rechtsformwechsel; Inanspruchnahme von Einlagensicherungssystemen; Schutzbestimmungen
Unterabschnitt 1
Bestimmungen für den Erlass einer Abwicklungsanordnung; sonstige Verfahrensvorschriften; Rechtswirkungen
§ 136Inhalt der Abwicklungsanordnung
Unterabschnitt 2
Inanspruchnahme von Einlagensicherungssystemen
§ 145Inanspruchnahme von Einlagensicherungssystemen im Rahmen einer Abwicklung
Unterabschnitt 3
Ausgleichszahlung für benachteiligte Anteilsinhaber, Gläubiger und Einlagensicherungssysteme; Schutzbestimmungen
§ 146Vergleich mit dem Ausgang eines hypothetischen Insolvenzverfahrens; Verordnungsermächtigung
Unterabschnitt 4
Rechtsformwechsel
§ 149Anordnung eines Rechtsformwechsels
Unterabschnitt 5
(weggefallen)
§§ 150–152(weggefallen)
Teil 5
Sondervorschriften für zentrale Gegenparteien
§ 152aAnwendungsbereich
Teil 6
Grenzüberschreitende Gruppenabwicklung und Beziehungen zu Drittstaaten
Kapitel 1
Anerkennung von Maßnahmen der Behörden anderer Mitgliedstaaten
§ 153Wirksamkeit von Krisenmanagementmaßnahmen oder Krisenpräventionsmaßnahmen anderer Mitgliedstaaten
Kapitel 2
Grenzüberschreitende Gruppenabwicklung
Abschnitt 1
Grenzüberschreitende Entscheidungsfindung und Information; Abwicklungskollegien
§ 154Allgemeine Grundsätze für Entscheidungsfindungen, an denen eine Behörde oder mehrere Behörden anderer Mitgliedstaaten beteiligt sind
Abschnitt 2
Gruppenabwicklung im Fall eines Tochterunternehmens, das nicht EU-Mutterunternehmen ist
§ 161Übermittlung von Informationen über die Abwicklungsvoraussetzungen
Abschnitt 3
Gruppenabwicklung im Fall eines EU-Mutterunternehmens
§ 166Gruppenabwicklung im Fall eines EU-Mutterunternehmens
Kapitel 3
Beziehungen zu Drittstaaten
§ 167Vereinbarungen mit Drittstaaten
Teil 7
Bußgeldvorschriften
§ 172Bußgeldvorschriften
Teil 8
Weitere Befugnisse
Kapitel 1
Maßnahmen des Ausschusses
§ 176Unterstützung bei Untersuchungen; Zwangsmaßnahmen
Kapitel 2
Untersuchungsbefugnisse der Abwicklungsbehörde
§ 178aAuskunfts- und Vorlageverlangen
Teil 9
Rechtsbehelf und Ausschluss anderer Maßnahmen
§ 179Rechtsschutz

§ 91

Bail-in-fähige Verbindlichkeiten

(1) Das Instrument der Gläubigerbeteiligung ist auf alle Verbindlichkeiten eines Instituts oder eines gruppenangehörigen Unternehmens anzuwenden, die weder gemäß Absatz 2 vom Anwendungsbereich des Instruments der Gläubigerbeteiligung ausgenommen sind noch relevante Kapitalinstrumente sind (bail-in-fähige Verbindlichkeiten).

(2) Folgende Verbindlichkeiten sind vom Anwendungsbereich des Instruments der Gläubigerbeteiligung ausgenommen, und zwar unabhängig davon, ob sie dem Recht eines Mitgliedstaats oder eines Drittstaats unterliegen:

1. gedeckte Einlagen bis zur Höhe des Deckungsniveaus gemäß § 8 des Einlagensicherungsgesetzes; für Einlagen nach § 8 Absatz 2 des Einlagensicherungsgesetzes gilt dies nur, sofern der Einleger diese binnen einer von der Abwicklungsbehörde festgelegten angemessenen Frist gesondert schriftlich unter Nachweis der anspruchsbegründenden Tatsachen glaubhaft macht; mit der Fristsetzung ist er auf die Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung und die Erforderlichkeit der gesonderten Geltendmachung und des Nachweises der Voraussetzungen des § 8 Absatz 2 des Einlagensicherungsgesetzes hinzuweisen;
2. besicherte Verbindlichkeiten einschließlich Verbindlichkeiten aus gedeckten Schuldverschreibungen, einschließlich von in Deckung befindlichen Derivategeschäften im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 2 des Pfandbriefgesetzes, soweit sie mindestens durch den Wert der hierfür bestellten Sicherung besichert oder gedeckt sind; die Abwicklungsbehörde kann das Instrument der Gläubigerbeteiligung nach § 90 auf einen Teil der besicherten Verbindlichkeit, der den Wert der Sicherung oder Deckung übersteigt, anwenden;
3. Verbindlichkeiten aus der Verwahrung von Kundenvermögen oder Kundengeldern durch das Institut oder das gruppenangehörige Unternehmen, sofern dem betreffenden Kunden in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Instituts in Bezug auf das verwaltete Vermögen oder die verwalteten Gelder ein Aussonderungs- oder Absonderungsrecht zusteht; dies gilt auch für Kundenvermögen oder Kundengelder, die für Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren und alternative Investmentfonds im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs gehalten werden;
4. Verbindlichkeiten aus einem Treuhandverhältnis zwischen dem Institut oder dem gruppenangehörigen Unternehmen als Treuhänder und einer anderen Person als Treugeber, sofern dem Treugeber in Bezug auf das Treugut in einem Insolvenzverfahren ein Aussonderungsrecht zustehen würde;
5. Verbindlichkeiten gegenüber anderen Instituten, die nicht der Gruppe des in Abwicklung befindlichen Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens angehören, mit einer Ursprungslaufzeit von weniger als sieben Tagen;
6. Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von weniger als sieben Tagen gegenüber Systemen im Sinne des § 1 Absatz 16 des Kreditwesengesetzes, Systembetreibern im Sinne des § 1 Absatz 16a des Kreditwesengesetzes, wenn diese Verbindlichkeiten aus einer Teilnahme an dem System resultieren, oder gegenüber zentralen Gegenparteien, die in der Europäischen Union gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 zugelassen sind, und zentralen Gegenparteien aus Drittstaaten, die von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde gemäß Artikel 25 der genannten Verordnung anerkannt wurden;
7. Verbindlichkeiten gegenüber
a) Beschäftigten auf Grund ausstehender Gehaltsforderungen, Rentenleistungen oder anderer fester Vergütungen mit Ausnahme von
aa) variablen Vergütungsbestandteilen, die nicht durch Tarifvertrag oder in seinem Geltungsbereich durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt sind, und
bb) variablen Vergütungsbestandteilen, die in Bezug auf Geschäftsleiter und Geschäftsleiterinnen sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Sinne des § 18 Absatz 1 der Institutsvergütungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung vereinbart sind,
b) Geschäfts- oder Handelsgläubigern auf Grund von Lieferungen und Leistungen, die für den laufenden Geschäftsbetrieb des Instituts oder des gruppenangehörigen Unternehmens von wesentlicher Bedeutung sind, einschließlich Diensten der Informationstechnologie, Versorgungsdienstleistungen sowie auf Grund von Miete, Bewirtschaftung und Instandhaltung von Gebäuden,
c) Einlagensicherungssystemen auf Grund von Beitragspflichten;
8. Verbindlichkeiten gegenüber Instituten oder gruppenangehörigen Unternehmen, die Teil derselben Abwicklungsgruppe, selbst aber keine Abwicklungseinheiten sind, unabhängig von ihrer Laufzeit; dies gilt nicht, wenn diese Verbindlichkeiten im Rahmen des regulären Insolvenzverfahrens einen gleichen oder einen niedrigeren Rang einnehmen als Verbindlichkeiten gemäß § 46f Absatz 6 und 9 des Kreditwesengesetzes; in diesem Fall bewertet die Abwicklungsbehörde des betreffenden Tochterunternehmens, das keine Abwicklungseinheit ist, ob der Betrag der Posten, die die Anforderungen des § 49f Absatz 2 erfüllen, ausreicht, um die Durchführung der bevorzugten Abwicklungsstrategie zu unterstützen.

§ 92

Ausschluss der Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung im Einzelfall

(1) Die Abwicklungsbehörde kann im Einzelfall bestimmte bail-in-fähige Verbindlichkeiten oder bestimmte Kategorien berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten ganz oder teilweise aus dem Anwendungsbereich des Instruments der Gläubigerbeteiligung ausschließen, sofern

1. für die betreffende Verbindlichkeit trotz angemessener Bemühungen der Abwicklungsbehörde die Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung innerhalb einer angemessenen Frist nicht möglich ist;
2. der Ausschluss zwingend notwendig und verhältnismäßig ist, um die Fortführung der kritischen Funktionen und wesentlichen Geschäftsaktivitäten sicherzustellen, sodass das Institut oder gruppenangehörige Unternehmen die existentiell wichtigen Geschäfte, Dienstleistungen und Transaktionen fortführen kann;
3. der Ausschluss zwingend notwendig und verhältnismäßig ist, um die Gefahr einer Ansteckung zu vermeiden, die das Funktionieren der Finanzmärkte, einschließlich der Finanzmarktinfrastrukturen, so stören würde, dass dies die Wirtschaft Deutschlands, eines anderen Mitgliedstaats oder der Europäischen Union erheblich beeinträchtigen könnte; dies betrifft insbesondere Einlagen, die von natürlichen Personen, von Kleinstunternehmen sowie kleinen oder mittleren Unternehmen gehalten werden und deren Höhe die gedeckten Einlagen überschreitet, oder
4. die Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung auf diese Verbindlichkeiten zu einer Wertvernichtung führen würde, bei der die von anderen Gläubigern zu tragenden Verluste höher wären, als wenn diese Verbindlichkeiten vom Instrument der Gläubigerbeteiligung ausgeschlossen würden.

(2) Bei der Ausübung des Ermessens nach Absatz 1 hat die Abwicklungsbehörde Folgendes zu berücksichtigen:

1. den Grundsatz, dass Verluste in erster Linie von den Anteilsinhabern und erst dann von den Gläubigern des Instituts oder des gruppenangehörigen Unternehmens entsprechend dem Rang ihrer Verbindlichkeiten zu tragen sind;
2. die Höhe der Verlustabsorptionskapazität, über die das Institut oder das gruppenangehörige Unternehmen noch verfügen würde, wenn die Verbindlichkeit oder die Kategorie von Verbindlichkeiten aus dem Anwendungsbereich des Instruments der Gläubigerbeteiligung ausgeschlossen würde;
3. das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Finanzierung der Abwicklungsmaßnahmen.

(2a) 1 Bei der Ausübung des Ermessens nach Absatz 1 berücksichtigt die Abwicklungsbehörde ferner, ob Verbindlichkeiten gegenüber Instituten und gruppenangehörigen Unternehmen, die Teil derselben Abwicklungsgruppe, selbst aber keine Abwicklungseinheiten sind, ausgeschlossen werden sollten, um die wirksame Durchführung der Abwicklungsstrategie sicherzustellen. 2 Bei der Ausübung des Ermessens nach Satz 1 werden nur solche Verbindlichkeiten berücksichtigt, die nicht von der Anwendung der Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnisse nach § 91 Absatz 2 Nummer 8 ausgenommen sind.

(3) 1 Bevor die Abwicklungsbehörde von der Möglichkeit eines Ausschlusses gemäß Absatz 1 Gebrauch macht, meldet sie den beabsichtigten Ausschluss der Kommission. 2 Für den Fall, dass der beabsichtigte Ausschluss entweder einen Ausgleichsbeitrag des Restrukturierungsfonds oder eine Finanzierung aus einer alternativen Finanzierungsquelle gemäß § 94 erfordert und die Anforderungen dieses Paragraphen in Verbindung mit delegierten Rechtsakten der Kommission nach Artikel 44 Absatz 11 der Richtlinie 2014/59/EU nicht erfüllt sind, gibt die Abwicklungsbehörde der Kommission die Gelegenheit, binnen 24 Stunden den beabsichtigten Ausschluss zu untersagen oder eine Modifizierung des beabsichtigten Ausschlusses vorzuschlagen. 3 Die Abwicklungsbehörde kann ihr Einverständnis zu einer längeren Frist geben.

§ 93

Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung in Bezug auf Verbindlichkeiten aus Derivaten

(1) In Bezug auf Verbindlichkeiten aus Derivaten ist das Instrument der Gläubigerbeteiligung nur nach oder gleichzeitig mit der Glattstellung der Derivate anwendbar.

(2) Die Abwicklungsbehörde ist bei Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen des § 62 Absatz 1 befugt, Derivateverträge zum Zweck der Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung zu kündigen und glattzustellen, es sei denn, eine Verbindlichkeit aus einem Derivat wird gemäß § 92 aus dem Anwendungsbereich des Instruments der Gläubigerbeteiligung ausgenommen.

(3) Unterliegen Transaktionen mit Derivaten einer Saldierungsvereinbarung, so bestimmt die Abwicklungsbehörde oder ein unabhängiger Sachverständiger im Rahmen der Bewertung gemäß § 69 auf der Basis der Derivateverträge den Nettowert der Verbindlichkeiten.

(4) Den Nettowert von Verbindlichkeiten aus Derivaten bestimmt die Abwicklungsbehörde oder der unabhängige Sachverständige nach Absatz 3 anhand von

1. angemessenen Methoden zur Bestimmung des Werts von Derivatekategorien, einschließlich Transaktionen, die Saldierungsvereinbarungen unterliegen;
2. Grundsätzen für die Festlegung des Zeitpunkts, zu dem der Wert einer Derivateposition festgestellt werden sollte, und
3. geeigneten Methoden für den Vergleich der Höhe der Wertvernichtung, die aus der Glattstellung und der Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung auf Derivate resultieren würde, mit der Höhe der Verluste, die für diese Derivate bei der Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung entstehen würden.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Verbindlichkeiten aus Finanzleistungen im Sinne des § 104 Absatz 1 der Insolvenzordnung, die in einem Rahmenvertrag nach § 104 Absatz 3 der Insolvenzordnung zusammengefasst sind.

§ 94

Ausgleichsbeiträge des Restrukturierungsfonds

(1) Für die nach § 92 ganz oder teilweise ausgeschlossenen Verbindlichkeiten kann nach Maßgabe des § 7a des Restrukturierungsfondsgesetzes ein Ausgleichsbeitrag des Restrukturierungsfonds erbracht werden.

(2) Unter außergewöhnlichen Umständen kann die Abwicklungsbehörde für eine weitere Finanzierung der Abwicklung alternative Finanzierungsquellen in Anspruch nehmen, wenn

1. die in § 7a Absatz 4 des Restrukturierungsfondsgesetzes genannte Obergrenze von 5 Prozent erreicht worden ist und
2. alle unbesicherten bail-in-fähigen Verbindlichkeiten mit Ausnahme von entschädigungsfähigen Einlagen, die nicht gemäß § 92 ausgeschlossen worden sind, vollständig abgeschrieben oder umgewandelt worden sind.

§ 95

Zwecke des Instruments der Gläubigerbeteiligung

Das Instrument der Gläubigerbeteiligung kann für folgende Zwecke eingesetzt werden:

1. zur Rekapitalisierung des Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens in dem Umfang, der erforderlich ist, um
a) das Institut oder gruppenangehörige Unternehmen wieder in die Lage zu versetzen, den Zulassungsbedingungen zu genügen und die Tätigkeiten auszuüben, für die es gemäß der Richtlinie 2013/36/EG oder der Richtlinie 2014/65/EU zugelassen ist, und
b) das Vertrauen des Marktes in das Institut oder das gruppenangehörige Unternehmen aufrechtzuerhalten,
wenn die begründete Aussicht besteht, dass die Anwendung dieses Instruments in Kombination mit den Maßnahmen, die im Rahmen des nach § 102 vorzulegenden Restrukturierungsplans umgesetzt werden, über die Verwirklichung der Abwicklungsziele hinaus die finanzielle Solidität und Überlebensfähigkeit des betreffenden Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens wiederherstellen wird;
2. zur Umwandlung von berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten in Instrumente des harten Kernkapitals oder zur Reduzierung des Nennwerts von berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten in den Fällen, in denen die Verbindlichkeiten übertragen werden
a) auf ein Brückeninstitut mit dem Ziel, Kapital für das Brückeninstitut bereitzustellen, oder
b) im Rahmen des Instruments der Unternehmensveräußerung oder des Instruments der Übertragung auf eine Vermögensverwaltungsgesellschaft.

§ 96

Festlegung des Betrags der herabzuschreibenden oder umzuwandelnden relevanten Kapitalinstrumente und Verbindlichkeiten

(1) Vor der Anwendung des Instruments der Beteiligung der Inhaber relevanter Kapitalinstrumente oder des Instruments der Gläubigerbeteiligung legt die Abwicklungsbehörde auf Grundlage der gemäß § 69 vorgenommenen Bewertung folgende Beträge fest:

1. den Gesamtbetrag der relevanten Kapitalinstrumente und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten nach § 65 Absatz 4 oder bail-in-fähigen Verbindlichkeiten des Instituts oder des gruppenangehörigen Unternehmens, die herabzuschreiben sind, um
a) sicherzustellen, dass der Nettovermögenswert des Instituts oder des gruppenangehörigen Unternehmens gleich null ist, oder
b) im Fall eines drohenden Verlustes sicherzustellen, dass der Nettovermögenswert null nicht unterschreitet, und
2. den Gesamtbetrag der relevanten Kapitalinstrumente und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten nach § 65 Absatz 4 oder bail-in-fähigen Verbindlichkeiten des Instituts oder des gruppenangehörigen Unternehmens, die in Anteile oder andere Instrumente des harten Kernkapitals am Institut oder am gruppenangehörigen Unternehmen umzuwandeln sind, um
a) die erforderliche Quote für das harte Kernkapital des Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens wiederherzustellen oder
b) die erforderliche Quote für das harte Kernkapital des Brückeninstituts zu erreichen.

(2) Sollte der Nettovermögenswert des Instituts oder des gruppenangehörigen Unternehmens vor der Anwendung des Instruments der Beteiligung der Inhaber relevanter Kapitalinstrumente oder des Instruments der Gläubigerbeteiligung bereits größer als null sein und drohen keine in Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b genannten Verluste, ordnet die Abwicklungsbehörde die Umwandlung gemäß § 89 Absatz 1 und § 90 Nummer 1 an.

(3) 1 Bei der Festlegung des in Absatz 1 Nummer 2 genannten Betrags legt die Abwicklungsbehörde folgende weitere Beträge fest:

1. den Betrag, der zur Wiederherstellung oder, im Fall eines Brückeninstituts, zum Erreichen der erforderlichen Quote für das harte Kernkapital erforderlich ist,
2. erforderlichenfalls einen zusätzlichen Betrag, um ein ausreichendes Marktvertrauen in das in Abwicklung befindliche Institut oder gruppenangehörige Unternehmen oder das Brückeninstitut sicherzustellen und es in die Lage zu versetzen, über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr die Zulassungsvoraussetzungen weiterhin zu erfüllen und die Tätigkeiten, für die es im Rahmen der Richtlinie 2013/36/EU oder der Richtlinie 2014/65/EU zugelassen ist, fortzuführen.
2 Etwaige Kapitalzuführungen durch den Restrukturierungsfonds an das Brückeninstitut nach § 7 des Restrukturierungsfondsgesetzes sind zu berücksichtigen.

(4) Im Fall von § 65 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 wird ein von einem Tochterunternehmen ausgegebenes relevantes Kapitalinstrument oder eine berücksichtigungsfähige Verbindlichkeit nach § 65 Absatz 4 nicht zu einem höheren Betrag oder zu ungünstigeren Bedingungen herabgeschrieben oder umgewandelt, als gleichrangige relevante Kapitalinstrumente oder eine berücksichtigungsfähige Verbindlichkeit nach § 65 Absatz 4 auf der Ebene des Mutterunternehmens.

(5) Wird das Instrument der Gläubigerbeteiligung in Kombination mit dem Instrument der Übertragung auf eine Vermögensverwaltungsgesellschaft angewendet, so ist bei der Festlegung der Höhe der herabzuschreibenden bail-in-fähigen Verbindlichkeiten eine vernünftige Schätzung der Kapitalanforderungen der Vermögensverwaltungsgesellschaft zu berücksichtigen.

(6) 1 Wird eine bail-in-fähige Verbindlichkeit oder eine Kategorie bail-in-fähiger Verbindlichkeiten gemäß § 92 Absatz 1 ganz oder teilweise ausgeschlossen, so kann der Umfang, in dem andere bail-in-fähige Verbindlichkeiten herabzuschreiben oder umzuwandeln sind, entsprechend erhöht werden. 2 Dabei sind die Grundsätze gemäß § 68 Absatz 1 Nummer 3 und 4 einzuhalten.

(7) 1 Für den Fall, dass eine Umwandlung von relevanten Kapitalinstrumenten und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten nach § 65 Absatz 4 oder bail-in-fähigen Verbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 auf Grund der Rechtsform des Instituts oder gruppenangehörigen Unternehmens nicht möglich und ein Rechtsformwechsel gemäß § 77 Absatz 3 unverhältnismäßig ist, kann bei der Festlegung der Beträge zugrunde gelegt werden, dass eine Wandlung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 nicht stattfindet und die Herabschreibung nach Absatz 1 Nummer 1 auch zu den in Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a oder b aufgeführten Zwecken erfolgt. 2 Die Festlegung ist ebenfalls nach Maßgabe des Satzes 1 vorzunehmen, wenn das Landesrecht anstelle eines Rechtsformwechsels nach § 77 Absatz 3 Satz 2 ein Alternativmodell vorsieht.

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