BORA

Berufsordnung für Rechtsanwälte

Zuletzt geändert am 8.5.2023 (BRAK-Homepage vom 20.7.2023 m. W.v. 1.10.2023)

Erster Teil
Freiheit der Berufsausübung
§ 1Freiheit der Advokatur
Zweiter Teil
Pflichten bei der Berufsausübung
Erster Abschnitt
Allgemeine Berufs- und Grundpflichten
§ 2Verschwiegenheit
Zweiter Abschnitt
Besondere Berufspflichten im Zusammenhang mit der Werbung
§ 6Werbung
Dritter Abschnitt
Besondere Berufspflichten bei der Annahme, Wahrnehmung und Beendigung des Mandats
§ 11Mandatsbearbeitung und Unterrichtung der Mandantschaft
Vierter Abschnitt
Besondere Berufspflichten gegenüber Gerichten und Behörden
§ 19Akteneinsicht
Fünfter Abschnitt
Besondere Berufspflichten bei Vereinbarung und Abrechnung von Gebühren
§ 21Vergütungsvereinbarung
Sechster Abschnitt
Besondere Berufspflichten gegenüber der Rechtsanwaltskammer, deren Mitgliedern und gegenüber Mitarbeitenden
§ 24(weggefallen)
Siebter Abschnitt
Besondere Berufspflichten im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr
§ 29(weggefallen)
Achter Abschnitt
Besondere Berufspflichten bei beruflicher Zusammenarbeit
§ 30Geltung der Berufsordnung bei beruflicher Zusammenarbeit
Dritter Teil
Schlussbestimmungen
§ 35In-Kraft-Treten und Ausfertigung
Erster Teil
Freiheit der Berufsausübung

§ 1

Freiheit der Advokatur

(1) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte üben ihren Beruf frei, selbstbestimmt und unreglementiert aus, soweit Gesetz oder Berufsordnung sie nicht besonders verpflichten.

(2) 1 Die Freiheitsrechte der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gewährleisten die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger am Recht. 2 Anwaltliche Tätigkeit dient der Verwirklichung des Rechtsstaats.

(3) Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte beraten und vertreten ihre Mandantinnen und Mandanten in allen Rechtsangelegenheiten unabhängig und haben sie vor Rechtsverlusten zu schützen, rechtsgestaltend, konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten, vor Fehlentscheidungen durch Gerichte und Behörden zu bewahren und gegen verfassungswidrige Beeinträchtigung und staatliche Machtüberschreitung zu sichern.

Zweiter Teil
Pflichten bei der Berufsausübung
Erster Abschnitt
Allgemeine Berufs- und Grundpflichten

§ 2

Verschwiegenheit

(1) 1 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind zur Verschwiegenheit verpflichtet und berechtigt. 2 Dies gilt auch nach Beendigung des Mandats.

(2) 1 Die Verschwiegenheitspflicht gebietet es der Rechtsanwältin und dem Rechtsanwalt, die zum Schutze des Mandatsgeheimnisses erforderlichen organisatorischen und technischen Maßnahmen zu ergreifen, die risikoadäquat und für den Anwaltsberuf zumutbar sind. 2 Technische Maßnahmen sind hierzu ausreichend, soweit sie im Falle der Anwendbarkeit der Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten deren Anforderungen entsprechen. 3 Sonstige technische Maßnahmen müssen ebenfalls dem Stand der Technik entsprechen. 4 Abs. 4 lit. c) bleibt hiervon unberührt. 5 Die Nutzung eines elektronischen oder sonstigen Kommunikationsweges, der mit Risiken für die Vertraulichkeit dieser Kommunikation verbunden ist, ist jedenfalls dann erlaubt, wenn die Mandantin oder der Mandant ihr zustimmt. 6 Von einer Zustimmung ist auszugehen, wenn die Mandantin oder der Mandant diesen Kommunikationsweg vorschlägt oder beginnt und ihn fortsetzt, nachdem die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt zumindest pauschal und ohne technische Details auf die Risiken hingewiesen hat.

(3) Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 43a Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung) liegt nicht vor, soweit Gesetz und Recht eine Ausnahme fordern oder zulassen.

(4) Ein Verstoß ist nicht gegeben, soweit das Verhalten der Rechtsanwältin oder des Rechtsanwalts

a) mit Einwilligung erfolgt oder
b) zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist, z. B. zur Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen aus dem Mandatsverhältnis oder zur Verteidigung in eigener Sache, oder
c) im Rahmen der Arbeitsabläufe der Kanzlei, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 43e Bundesrechtsanwaltsordnung liegen, objektiv einer üblichen, von der Allgemeinheit gebilligten Verhaltensweise im sozialen Leben entspricht (Sozialadäquanz).

(5) Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.

§ 3

Interessenwiderstreit

(1) 1 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen keine widerstreitenden Interessen vertreten. 2 Sie dürfen in einem laufenden Mandat auch keine Vermögenswerte von der Mandantin oder dem Mandanten und/oder der Anspruchsgegnerin oder dem Anspruchsgegner zum Zweck der treuhänderischen Verwaltung oder Verwahrung für beide Parteien entgegennehmen.

(2) Wer erkennt, dass er entgegen § 43a Abs. 4 bis 6 BRAO tätig geworden ist, hat unverzüglich die Mandantschaft zu informieren und alle Mandate in derselben Rechtssache zu beenden.

(3) 1 Eine gemeinschaftliche Berufsausübung im Sinne von § 43a Abs. 4 Satz 2 BRAO liegt bei Bürogemeinschaften (§ 59q BRAO) nicht vor. 2 Eine Sozietätserstreckung gilt auch für individuell erteilte Mandate.

(4) 1 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen in einem Mandat nach § 43a Abs. 4 Satz 4 BRAO (Befreiung von der Sozietätserstreckung mit Zustimmung der Mandantinnen und Mandanten) nur tätig werden, wenn durch getrennte Bearbeitung die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht sichergestellt ist. 2 Dafür ist, über die allgemeinen Anforderungen des § 2 hinaus, insbesondere erforderlich

a) die inhaltliche Bearbeitung der widerstreitenden Mandate ausschließlich durch verschiedene Personen,
b) der Ausschluss des wechselseitigen Zugriffs auf Papierakten sowie auf elektronische Daten einschließlich des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs, und
c) das Verbot an die mandatsbearbeitenden Personen, wechselseitig über das Mandat zu kommunizieren.
3 Die Einhaltung dieser Vorkehrungen ist zum jeweiligen Mandat zu dokumentieren.

§ 4

Fremdgelder und andere Vermögenswerte

(1) 1 Fremdgelder und sonstige Vermögenswerte, insbesondere Wertpapiere und andere geldwerte Urkunden, sind unverzüglich an die Berechtigten weiterzuleiten. 2 Solange dies nicht möglich ist, sind Fremdgelder auf Anderkonten zu verwalten; dies sind in der Regel Einzelanderkonten. 3 Die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt tragen dafür Sorge, dass über Sammelanderkonten keine Zahlungen abgewickelt werden, bei denen Risiken in Bezug auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bestehen. 4 Auf einem Sammelanderkonto dürfen Gelder nicht verwaltet werden,

a) die aus Mandaten stammen, deren Gegenstand zumindest auch ein Geschäft, eine Dienstleistung, eine Hilfeleistung, eine Transaktion oder eine Beratung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Geldwäschegesetzes mit Ausnahme der Verwaltung von Geld nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb des Geldwäschegesetzes ist,
b) die der Rechtsanwältin oder dem Rechtsanwalt in bar übergeben wurden und die unbeschadet einer Aufteilung auf mehrere Teilbeträge den Betrag von insgesamt 1000 Euro übersteigen oder
c) die der Rechtsanwältin oder dem Rechtsanwalt von einem Bankkonto aus einem Drittstaat überwiesen wurden, der
1. zu den von der Europäischen Kommission nach Artikel 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 ermittelten Drittstaaten mit hohem Risiko gehört, die im Anhang der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1675 der Kommission vom 14. Juli 2016 in der jeweils geltenden Fassung aufgeführt ist, oder
2. in den jeweils aktuellen Informationsberichten „High-Risk Jurisdictions subject to a Call for Action“ und „Jurisdictions under Increased Monitoring“ der Financial Action Task Force als Staat mit strategischen Mängeln eingestuft wird.
Gelder, die auf einem Sammelanderkonto verwaltet wurden, darf die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt nicht in bar auszahlen oder auf Konten in Ländern gemäß Satz 4 Buchstabe c weiterleiten. 5 Über Fremdgelder ist unverzüglich, spätestens mit Beendigung des Mandats, abzurechnen. 6 Sonstige Vermögenswerte sind gesondert zu verwahren. 7 Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit etwas anderes in Textform vereinbart ist.

(2) Eigene Forderungen dürfen nicht mit Geldern verrechnet werden, die zweckgebunden zur Auszahlung an andere als den Mandanten bestimmt sind.

§ 5

Kanzlei, weitere Kanzlei und Zweigstelle

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind verpflichtet, die für ihre Berufsausübung erforderlichen sachlichen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen in Kanzlei und Zweigstelle vorzuhalten.

§ 5a

Kenntnisse im Berufsrecht

Die Kenntnisse im rechtsanwaltlichen Berufsrecht gemäß § 43f BRAO müssen durch die Teilnahme an einer Lehrveranstaltung mit insgesamt mindestens zehn Zeitstunden nachgewiesen werden, die folgende Themen umfassen soll:

1. Organisation des Berufs als freier Beruf sowie der Rechtsanwaltskammern als Selbstverwaltungsorgane einschließlich der Berufsaufsicht und berufsrechtlicher Sanktionen
2. Allgemeine Berufspflicht und Grundpflichten nach §§ 43, 43a BRAO, §§ 2 bis 5a BORA
3. Überblick über die besonderen Berufspflichten nach den §§ 43b ff. BRAO, §§ 6 bis 33 BORA
4. Berufsrechtliche Bezüge zum anwaltlichen Haftungsrecht.

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