§ 4b
Sondervorschriften für Arzneimittel für neuartige Therapien
(1)
Für Arzneimittel für neuartige Therapien, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes
1. als individuelle Zubereitung für einen einzelnen Patienten ärztlich verschrieben,
2. nach spezifischen Qualitätsnormen nicht routinemäßig hergestellt und
3. in einer spezialisierten Einrichtung der Krankenversorgung unter der fachlichen Verantwortung eines Arztes angewendet
2werden, finden der Vierte Abschnitt, mit Ausnahme des § 33, und der Siebte Abschnitt dieses Gesetzes keine Anwendung.
Die übrigen Vorschriften des Gesetzes sowie Artikel 14 Absatz 1 und Artikel 15 Absatz 1 bis 6 der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass die dort genannten Amtsaufgaben und Befugnisse entsprechend den ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben von der zuständigen Behörde oder der zuständigen Bundesoberbehörde wahrgenommen werden und an die Stelle des Inhabers der Zulassung im Sinne dieses Gesetzes oder des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 der Inhaber der Genehmigung nach Absatz 3 Satz 1 tritt.
(2)
Nicht routinemäßig hergestellt im Sinne von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 werden insbesondere Arzneimittel,
1. die in so geringem Umfang hergestellt und angewendet werden, dass nicht zu erwarten ist, dass hinreichend klinische Erfahrung gesammelt werden kann, um das Arzneimittel umfassend bewerten zu können, oder
2. die noch nicht in ausreichender Anzahl hergestellt und angewendet worden sind, so dass die notwendigen Erkenntnisse für ihre umfassende Bewertung noch nicht erlangt werden konnten.
(3)
1Arzneimittel nach Absatz 1 Satz 1 dürfen nur an andere abgegeben werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde genehmigt worden sind.
2§ 21a Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend.
Zusätzlich zu den Angaben und Unterlagen nach § 21a Absatz 2 Satz 1 sind dem Antrag auf Genehmigung folgende Angaben und Unterlagen beizufügen:
1. Angaben zu den spezialisierten Einrichtungen der Krankenversorgung, in denen das Arzneimittel angewendet werden soll,
2. die Anzahl der geplanten Anwendungen oder der Patienten im Jahr,
3. Angaben zur Dosierung,
4. Angaben zum Risikomanagement-Plan mit einer Beschreibung des Risikomanagement-Systems, das der Antragsteller für das betreffende Arzneimittel einführen wird, verbunden mit einer Zusammenfassung des Risikomanagement-Plans und Risikomanagement-Systems, und
5. bei Arzneimitteln für neuartige Therapien, die aus einem gentechnisch veränderten Organismus oder einer Kombination von gentechnisch veränderten Organismen bestehen oder solche enthalten, zusätzlich die technischen Unterlagen gemäß den Anhängen III A, III B und IV der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates (ABl. L 106 vom 17.4.2001, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, sowie die auf der Grundlage einer nach Anhang II der Richtlinie 2001/18/EG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung gewonnenen Informationen nach Anhang II Buchstabe D der Richtlinie 2001/18/EG.
§ 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 5, Absatz 4 und 7 Satz 1 gilt entsprechend.
(4)
1Bei Arzneimitteln für neuartige Therapien, die aus einem gentechnisch veränderten Organismus oder einer Kombination von gentechnisch veränderten Organismen bestehen oder solche enthalten, entscheidet die zuständige Bundesoberbehörde im Benehmen mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit über den Antrag auf Genehmigung.
2Die Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde für die Abgabe des Arzneimittels nach Satz 1 an andere umfasst auch die Genehmigung für das Inverkehrbringen der gentechnisch veränderten Organismen, aus denen das Arzneimittel nach Satz 1 besteht oder die es enthält.
Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn
1. eine Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß den Grundprinzipien des Anhangs II der Richtlinie 2001/18/EG und auf der Grundlage der Angaben nach den Anhängen III und IV der Richtlinie 2001/18/EG durchgeführt wurde und
2. nach dem Stand der Wissenschaft unvertretbare schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit Dritter und auf die Umwelt nicht zu erwarten sind.
(5)
Können die erforderlichen Angaben und Unterlagen nach § 21a Absatz 2 Satz 1 Nummer 8 nicht erbracht werden, kann der Antragsteller die Angaben und Unterlagen über die Wirkungsweise, die voraussichtliche Wirkung und mögliche Risiken beifügen.
(6)
Die Genehmigung kann befristet werden.
(7)
1Der Inhaber der Genehmigung hat der zuständigen Bundesoberbehörde in bestimmten Zeitabständen, die diese festlegt, über den Umfang der Herstellung und über die Erkenntnisse für die umfassende Beurteilung des Arzneimittels zu berichten.
2Die Genehmigung ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass eine der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 nicht vorgelegen hat.
3Die Genehmigung ist zu widerrufen, wenn eine der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 nicht mehr vorliegt.
(8)
1Der Antragsteller hat der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen ergeben, die dem Antrag auf Genehmigung beigefügt waren.
2Satz 1 gilt nach der Genehmigung entsprechend für den Inhaber der Genehmigung.
3Dieser ist ferner verpflichtet, die zuständige Bundesoberbehörde zu informieren, wenn neue oder veränderte Risiken bestehen oder sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels geändert hat.
4Bei Arzneimitteln für neuartige Therapien, die aus einem gentechnisch veränderten Organismus oder einer Kombination von gentechnisch veränderten Organismen bestehen oder solche enthalten, hat der Antragsteller unter Beifügung entsprechender Unterlagen der zuständigen Bundesoberbehörde außerdem unverzüglich anzuzeigen, wenn ihm neue Informationen über Gefahren für die Gesundheit nicht betroffener Personen oder die Umwelt bekannt werden.
5Satz 4 gilt nach der Genehmigung entsprechend für den Inhaber der Genehmigung.
6§ 29 Absatz 1a, 1d und 2 ist entsprechend anzuwenden.
(9)
Folgende Änderungen dürfen erst vollzogen werden, wenn die zuständige Bundesoberbehörde zugestimmt hat:
1. eine Änderung der Angaben über die Dosierung, die Art oder die Dauer der Anwendung oder über die Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um die Zufügung einer oder Veränderung in eine Indikation handelt, die einem anderen Therapiegebiet zuzuordnen ist,
2. eine Einschränkung der Gegenanzeigen, Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln oder sonstigen Stoffen,
3. eine Änderung der Hilfsstoffe nach Art oder Menge oder der Wirkstoffe nach ihrer Menge,
4. eine Änderung der Darreichungsform in eine Darreichungsform, die mit der genehmigten vergleichbar ist,
5. eine Änderung des Herstellungs- oder Prüfverfahrens, einschließlich der Angaben nach § 21a Absatz 2 Satz 1 Nummer 5,
6. eine Änderung der Art der Aufbewahrung und der Dauer der Haltbarkeit oder
7. bei Arzneimitteln für neuartige Therapien, die aus einem gentechnisch veränderten Organismus oder einer Kombination von gentechnisch veränderten Organismen bestehen oder solche enthalten, eine Änderung, die geeignet ist, die Risikobewertung für die Gesundheit nicht betroffener Personen oder die Umwelt zu verändern.
2Die Entscheidung über den Antrag auf Zustimmung muss innerhalb von drei Monaten ergehen.
Absatz 4 und § 27 Absatz 2 gelten entsprechend.
(10)
Abweichend von Absatz 9 ist eine neue Genehmigung nach Absatz 3 in folgenden Fällen zu beantragen:
1. bei einer Erweiterung der Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 handelt,
2. bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach ihrer Art,
3. bei einer Änderung der Darreichungsform, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 4 handelt.
Über die Genehmigungspflicht nach Satz 1 entscheidet die zuständige Bundesoberbehörde.
(11)
1Über Anfragen zur Genehmigungspflicht eines Arzneimittels für neuartige Therapien entscheidet die zuständige Behörde im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde.
2§ 21 Absatz 4 gilt entsprechend.