(1) 1 Die behandelnde ärztliche Person hat jede Anwendung von Blutprodukten und von Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie für die in diesem Gesetz geregelten Zwecke, für Zwecke der ärztlichen Behandlung der von der Anwendung betroffenen Personen und für Zwecke der Risikoerfassung nach dem Arzneimittelgesetz zu dokumentieren oder dokumentieren zu lassen. 2 Die Dokumentation hat die Aufklärung und die Einwilligungserklärungen, das Ergebnis der Blutgruppenbestimmung, soweit die Blutprodukte blutgruppenspezifisch angewendet werden, die durchgeführten Untersuchungen sowie die Darstellung von Wirkungen und unerwünschten Ereignissen zu umfassen.
(2) 1 Angewendete Blutprodukte und Arzneimittel zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie sind von der behandelnden ärztlichen Person oder unter ihrer Verantwortung mit folgenden Angaben unverzüglich zu dokumentieren:
(2a) 1 Erfolgt die Anwendung von Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie durch den Patienten im Rahmen der Heimselbstbehandlung, nimmt dieser die Dokumentation entsprechend den Absätzen 1 und 2 vor. 2 Die ärztliche Person, die diesen Patienten wegen Hämostasestörungen dauerhaft behandelt (hämophiliebehandelnde ärztliche Person), hat die Dokumentation des Patienten mindestens einmal jährlich auf Schlüssigkeit und Vollständigkeit hin zu überprüfen und in die eigene Dokumentation zu übernehmen.
(3) 1 Die Aufzeichnungen, einschließlich der EDV-erfassten Daten, müssen mindestens fünfzehn Jahre, die Daten nach Absatz 2 mindestens dreißig Jahre lang aufbewahrt werden. 2 Sie müssen zu Zwecken der Rückverfolgung unverzüglich verfügbar sein. 3 Die Aufzeichnungen sind zu vernichten oder zu löschen, wenn eine Aufbewahrung nicht mehr erforderlich ist. 4 Werden die Aufzeichnungen länger als dreißig Jahre aufbewahrt, sind sie zu anonymisieren.
(3a) Die Einrichtungen der Krankenversorgung, die behandlungsbedürftige Hämophiliepatienten zeitlich begrenzt im Rahmen eines stationären oder ambulanten Aufenthalts behandeln, übermitteln der hämophiliebehandelnden ärztlichen Person Angaben über den Anlass der Behandlung mit Blutprodukten und Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie sowie ihre Dokumentation nach Absatz 2.
(4) 1 Die Einrichtungen der Krankenversorgung dürfen personenbezogene Daten der zu behandelnden Personen verarbeiten, soweit das für die in den Absätzen 1 und 2a genannten Zwecke erforderlich ist. 2 Sie übermitteln die dokumentierten Daten den zuständigen Behörden, soweit dies zur Verfolgung von Straftaten, die im engen Zusammenhang mit der Anwendung von Blutprodukten stehen, erforderlich ist. 3 Zur Risikoerfassung nach dem Arzneimittelgesetz sind das Geburtsdatum und das Geschlecht der zu behandelnden Person anzugeben.
(1) 1 Einrichtungen der Krankenversorgung, die Blutprodukte anwenden, haben ein System der Qualitätssicherung für die Anwendung von Blutprodukten nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik einzurichten. 2 Sie haben eine ärztliche Person zu bestellen, die für die transfusionsmedizinischen Aufgaben verantwortlich und mit den dafür erforderlichen Kompetenzen ausgestattet ist (transfusionsverantwortliche Person). 3 Sie haben zusätzlich für jede Behandlungseinheit, in der Blutprodukte angewendet werden, eine ärztliche Person zu bestellen, die in der Krankenversorgung tätig ist und über transfusionsmedizinische Grundkenntnisse und Erfahrungen verfügt (transfusionsbeauftragte Person). 4 Hat die Einrichtung der Krankenversorgung eine Spendeeinrichtung oder ein Institut für Transfusionsmedizin oder handelt es sich um eine Einrichtung der Krankenversorgung mit Akutversorgung, so ist zusätzlich eine Kommission für transfusionsmedizinische Angelegenheiten (Transfusionskommission) zu bilden.
(2) 1 Im Rahmen des Qualitätssicherungssystems sind die Qualifikation und die Aufgaben der Personen, die im engen Zusammenhang mit der Anwendung von Blutprodukten tätig sind, festzulegen. 2 Zusätzlich sind die Grundsätze für die patientenbezogene Qualitätssicherung der Anwendung von Blutprodukten, insbesondere der Dokumentation, einschließlich der Dokumentation der Indikation zur Anwendung von Blutprodukten und Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie, und des fachübergreifenden Informationsaustausches, die Überwachung der Anwendung, die anwendungsbezogenen Wirkungen, Nebenwirkungen und unerwünschten Reaktionen und zusätzlich erforderliche therapeutische Maßnahmen festzulegen.
(1) 1 Treten im Zusammenhang mit der Anwendung von Blutprodukten und Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie unerwünschte Ereignisse auf, hat die behandelnde ärztliche Person unverzüglich die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. 2 Sie unterrichtet die transfusionsbeauftragte und die transfusionsverantwortliche Person oder die sonst nach dem Qualitätssicherungssystem der Einrichtung der Krankenversorgung zu unterrichtenden Personen.
(2) 1 Im Falle des Verdachts der unerwünschten Reaktion oder Nebenwirkung eines Blutproduktes ist unverzüglich der pharmazeutische Unternehmer und im Falle des Verdachts einer schwerwiegenden unerwünschten Reaktion oder Nebenwirkung eines Blutproduktes und eines Arzneimittels zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie zusätzlich die zuständige Bundesoberbehörde zu unterrichten. 2 Die Unterrichtung muss alle notwendigen Angaben wie Bezeichnung des Produktes, Name oder Firma des pharmazeutischen Unternehmers, die Chargenbezeichnung und, sofern vorhanden, den Einheitlichen Europäischen Code gemäß § 4 Absatz 30a des Arzneimittelgesetzes enthalten. 3 Von der Person, bei der der Verdacht auf die unerwünschten Reaktionen oder Nebenwirkungen aufgetreten ist, sind das Geburtsdatum und das Geschlecht anzugeben.
(3) Die berufsrechtlichen Mitteilungspflichten bleiben unberührt.
(1) 1 Nicht angewendete Blutprodukte sind innerhalb der Einrichtungen der Krankenversorgung sachgerecht zu lagern, zu transportieren, abzugeben oder zu entsorgen. 2 Transport und Abgabe von Blutprodukten aus zellulären Blutbestandteilen und Frischplasma dürfen nur nach einem im Rahmen des Qualitätssicherungssystems schriftlich oder elektronisch festgelegten Verfahren erfolgen. 3 Im Falle einer elektronischen Festlegung des Verfahrens ist sicherzustellen, dass die elektronischen Dokumente für die jeweiligen Empfänger jederzeit leicht zugänglich sind und dass sie in hinreichender Weise vor unbefugten Manipulationen geschützt sind. 4 Nicht angewendete Eigenblutentnahmen dürfen nicht an anderen Personen angewendet werden.
(2) Der Verbleib nicht angewendeter Blutprodukte ist zu dokumentieren.
(1) 1 Die Bundesärztekammer stellt im Einvernehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde und nach Anhörung von Sachverständigen unter Berücksichtigung der Richtlinien und Empfehlungen der Europäischen Union, des Europarates und der Weltgesundheitsorganisation zu Blut und Blutbestandteilen in Richtlinien den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft und Technik insbesondere für
(2) Es wird vermutet, dass der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik zu den Anforderungen nach diesem Abschnitt eingehalten worden ist, wenn und soweit die Richtlinien der Bundesärztekammer nach Absatz 1 beachtet worden sind.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für die Bundeszahnärztekammer im Bereich der Zahnheilkunde entsprechend.
(1) 1 Wird von einer Spendeeinrichtung festgestellt oder hat sie begründeten Verdacht, dass eine spendende Person mit HIV, mit Hepatitis-Viren oder anderen Erregern, die zu schwerwiegenden Krankheitsverläufen führen können, infiziert ist, ist die entnommene Spende auszusondern und dem Verbleib vorangegangener Spenden nachzugehen. 2 Das Verfahren zur Überprüfung des Verdachts und zur Rückverfolgung richtet sich nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. 3 Es sind insbesondere folgende Sorgfaltspflichten zu beachten:
(2) 1 Wird in einer Einrichtung der Krankenversorgung bei einer zu behandelnden oder behandelten Person festgestellt oder besteht der begründete Verdacht, dass sie durch ein Blutprodukt gemäß Absatz 1 Satz 1 infiziert worden ist, muss die Einrichtung der Krankenversorgung der Ursache der Infektion unverzüglich nachgehen. 2 Sie hat das für die Infektion oder den Verdacht in Betracht kommende Blutprodukt zu ermitteln und die Unterrichtungen entsprechend § 16 Abs. 2 vorzunehmen. 3 Der pharmazeutische Unternehmer hat zu veranlassen, dass die spendende Person ermittelt und eine Nachuntersuchung empfohlen wird. 4 Absatz 1 Satz 8 gilt entsprechend. 5 Wird die Infektiosität der spendenden Person bei der Nachuntersuchung bestätigt oder nicht ausgeschlossen oder ist eine Nachuntersuchung nicht durchführbar, so findet das Verfahren nach Absatz 1 entsprechend Anwendung.
(3) 1 Die Einrichtungen der Krankenversorgung, die Spendeeinrichtungen und die pharmazeutischen Unternehmer haben mit den zuständigen Behörden des Bundes und der Länder zusammenzuarbeiten, um die Ursache der Infektion nach Absatz 2 zu ermitteln. 2 Sie sind insbesondere verpflichtet, die für diesen Zweck erforderlichen Auskünfte zu erteilen. 3 § 16 Abs. 2 Satz 3 gilt entsprechend.
(4) Die nach Absatz 1 bis 3 durchgeführten Maßnahmen sind für Zwecke weiterer Rückverfolgungsverfahren und der Risikoerfassung nach dem Arzneimittelgesetz zu dokumentieren.