§ 1

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind

1. Angehörige: Ehegatten, Lebenspartner sowie Kinder, Enkelkinder, Großeltern, Eltern und Geschwister der Betroffenen;
2. Archivgut des Bundes: Unterlagen von bleibendem Wert, die das Bundesarchiv nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen dauerhaft übernommen hat; Unterlagen aus dem Zwischenarchiv des Bundesarchivs, deren Aufbewahrungsfristen bereits abgelaufen sind, deren bleibender Wert jedoch noch nicht festgestellt worden ist, werden wie Archivgut des Bundes behandelt;
3. Betroffene: betroffene Personen gemäß Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) sowie verstorbene Personen, zu denen Informationen vorliegen;
4. deutsche Kinofilme: Kinofilme, deren Hersteller ihren Wohnsitz, Sitz oder eine Niederlassung in Deutschland haben; im Fall einer Koproduktion muss einer der Hersteller seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung in Deutschland haben;
5. Entstehung: der Zeitpunkt der letzten inhaltlichen Bearbeitung der Unterlagen eines Vorgangs;
6. Kinofilme: Filmwerke,
a) die für eine öffentliche Aufführung in einem Kino bestimmt sind oder auf einem national oder international bedeutsamen Festival oder bei einer national oder international bedeutsamen Preisverleihung öffentlich aufgeführt werden und
b) bei denen nicht im Sinne von § 3 Absatz 4 des Gesetzes über die Deutsche Nationalbibliothek vom 22. Juni 2006 (BGBl. I S. 1338), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 1. September 2017 (BGBl. I S. 3346) geändert worden ist, die Musik im Vordergrund steht;
7. national oder international bedeutsame Festivals und Preisverleihungen: die Festivals und Preisverleihungen, einschließlich sämtlicher Festivalreihen, die genannt werden in der jeweils geltenden Fassung
a) des Filmförderungsgesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3413) und
b) der zum Filmförderungsgesetz gehörenden Richtlinien;
8. personenbezogene Informationen im Sinne dieses Gesetzes: Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren lebenden oder verstorbenen Person;
9. öffentliche Stellen des Bundes: die Verfassungsorgane des Bundes, die Behörden und Gerichte des Bundes, die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und die sonstigen Stellen des Bundes;
10. Unterlagen: Aufzeichnungen jeder Art, unabhängig von der Art ihrer Speicherung;
11. Unterlagen von bleibendem Wert: Unterlagen,
a) denen insbesondere wegen ihrer politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Inhalte besondere Bedeutung zukommt
aa) für die Erforschung und das Verständnis von Geschichte und Gegenwart, auch im Hinblick auf künftige Entwicklungen,
bb) für die Sicherung berechtigter Interessen der Bürger und Bürgerinnen oder
cc) für die Gesetzgebung, vollziehende Gewalt oder Rechtsprechung, oder
b) die nach einer Rechtsvorschrift oder Vereinbarung dauerhaft aufzubewahren sind;
12. Zwischenarchivgut des Bundes: Unterlagen, die das Bundesarchiv vor Ablauf der Aufbewahrungsfristen vorläufig übernommen hat und in einem Zwischenarchiv oder digitalen Zwischenarchiv verwahrt.

§ 2

Organisation des Bundesarchivs

Der Bund unterhält ein Bundesarchiv als selbstständige Bundesoberbehörde, die der Dienst- und Fachaufsicht der für Kultur und Medien zuständigen obersten Bundesbehörde untersteht.

§ 3

Aufgaben des Bundesarchivs

(1) 1 Das Bundesarchiv hat die Aufgabe, das Archivgut des Bundes auf Dauer zu sichern, nutzbar zu machen und wissenschaftlich zu verwerten. 2 Es gewährleistet den Zugang zum Archivgut des Bundes unter Wahrung des Schutzes privater oder öffentlicher Belange. 3 Dies kann auch durch Digitalisierung und öffentliche Zugänglichmachung im Internet geschehen.

(2) 1 Das Bundesarchiv verwahrt Unterlagen der folgenden Stellen als Archivgut des Bundes, wenn es den bleibenden Wert dieser Unterlagen festgestellt hat:

1. Unterlagen der öffentlichen Stellen des Bundes,
2. Unterlagen der Stellen des Deutschen Reiches und des Deutschen Bundes,
3. Unterlagen der Stellen der Besatzungszonen,
4. Unterlagen der Stellen der Deutschen Demokratischen Republik,
5. Unterlagen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, der mit dieser Partei verbundenen Organisationen und juristischen Personen sowie der Massenorganisationen der Deutschen Demokratischen Republik und
6. Unterlagen der anderen Parteien und der mit diesen Parteien verbundenen Organisationen und juristischen Personen der Deutschen Demokratischen Republik.
2 Das Bundesarchiv stellt den bleibenden Wert der Unterlagen im Benehmen mit der anbietenden Stelle fest.

(3) Das Bundesarchiv kann auch Unterlagen anderer als der in § 1 Nummer 9 genannten öffentlichen Stellen sowie Unterlagen nichtöffentlicher Einrichtungen und natürlicher Personen als Archivgut des Bundes übernehmen oder erwerben, wenn ihm diese Unterlagen angeboten werden und es den bleibenden Wert dieser Unterlagen festgestellt hat.

(4) 1 Das Bundesarchiv berät die öffentlichen Stellen des Bundes im Rahmen seiner Zuständigkeit bei der Verwaltung und Sicherung ihrer Unterlagen. 2 Bei der Einführung neuer Systeme der Informationstechnologie insbesondere zur Führung elektronischer Akten gemäß § 6 des E-Government-Gesetzes vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749), das zuletzt durch Artikel 15 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626) geändert worden ist, oder bei der wesentlichen Änderung solcher Systeme ist das Bundesarchiv rechtzeitig zu informieren, wenn hierbei anbietungspflichtige Unterlagen entstehen können.

(5) Die Bundesregierung kann dem Bundesarchiv andere als in diesem Gesetz oder in anderen Gesetzen genannte Aufgaben des Bundes übertragen, wenn

1. diese Aufgaben in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang mit dem Archivwesen des Bundes oder mit der Erforschung der deutschen Geschichte anhand des Archivguts des Bundes stehen und
2. es erforderlich ist, dass diese Aufgaben zentral durch das Bundesarchiv wahrgenommen werden.

(6) Rechtsvorschriften des Bundes, durch die anderen Stellen Archivaufgaben übertragen sind, bleiben unberührt.

§ 3a

Wahrnehmung besonderer Aufgaben

(1) 1 Die Aufgaben der aufgelösten „Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht (WASt)“ werden vom Bundesarchiv wahrgenommen. 2 Das Bundesarchiv verwahrt deren Unterlagen zum Schicksal von Militärpersonen und diesen in personenstandsrechtlicher Hinsicht gleichgestellten Personen infolge des Ersten und Zweiten Weltkrieges und führt die anhängigen Verwaltungsverfahren fort.

(2) 1 Das Bundesarchiv verwahrt die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen im öffentlichen Interesse. 2 Es nimmt darüber hinaus insbesondere folgende Aufgaben wahr:

1. Klärung von Einzelschicksalen,
2. Kriegssterbefallanzeigen,
3. Kriegsgräberangelegenheiten und
4. Erteilung sonstiger personenbezogener Auskünfte.
3 Zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Satz 2 erteilt das Bundesarchiv mündliche und schriftliche Auskünfte einschließlich erforderlicher Bescheinigungen oder Stellungnahmen an betroffene Personen, Angehörige, öffentliche und nicht öffentliche Stellen.

(3) 1 Ergänzend zu Absatz 2 gelten für die Unterlagen die Zugangsvorschriften der §§ 10 bis 16 entsprechend. 2 Soweit in Absatz 1 bezeichnete Unterlagen nicht mehr bearbeitet werden und ihnen bleibender Wert zukommt, können sie als Archivgut gewidmet werden.

§ 3b

Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz

1 Das Bundesarchiv erfasst, verwahrt, verwaltet und verwendet die in ihrem Gesamtbestand zu erhaltenden Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes als Archivgut des Bundes nach Maßgabe des Stasi-Unterlagen-Gesetzes. 2 Soweit das Stasi-Unterlagen-Gesetz nicht entgegensteht, unterfallen die Stasi-Unterlagen den archivrechtlichen Bestimmungen des Bundes.

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