WpIG

Wertpapierinstitutsgesetz

Gesetz zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten

Vom 12.5.2021

Zuletzt geändert am 22.12.2023

Kapitel 2
Erlaubnis; Geschäftsleiter; Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan; Inhaber bedeutender Beteiligungen
Abschnitt 1
Erlaubnis

§ 15

Erlaubnis für das Erbringen von Wertpapierdienstleistungen und -nebendienstleistungen

(1) Wer im Inland Wertpapierdienstleistungen im Sinne des § 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 10, die Wertpapiernebendienstleistungen des § 2 Absatz 3 Nummer 1, 2 und 4 oder ein Nebengeschäft im Sinne des § 2 Absatz 4 erbringen will, ohne die in § 32 Absatz 1 Satz 2 des Kreditwesengesetzes bestimmte Schwelle zu überschreiten, bedarf einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt; die Bundesanstalt hat § 37 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes anzuwenden.

(2) Eine Erlaubnis für die Wertpapiernebendienstleistungen des § 2 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 oder eines Nebengeschäfts im Sinne des § 2 Absatz 4 kann nur erteilt werden, wenn die Erlaubnis zur Erbringung mindestens einer Wertpapierdienstleistung vorliegt oder gleichzeitig erteilt wird; mit Erlöschen oder Aufhebung der Erlaubnis für Wertpapierdienstleistungen erlischt automatisch auch die Erlaubnis für die Wertpapiernebendienstleistung oder das Nebengeschäft.

(3) Wer neben dem Erbringen von Wertpapierdienstleistungen auch Finanzinstrumente für eigene Rechnung anschaffen und veräußern will, ohne dass es sich hierbei um Eigenhandel handelt (Eigengeschäft), bedarf auch hierfür der Erlaubnis der Bundesanstalt.

(4) 1Eine Erlaubnis für das Betreiben des Eigengeschäfts benötigt unabhängig von einer Erlaubnis nach Absatz 1 auch, wer das Eigengeschäft als Mitglied oder Teilnehmer eines organisierten Marktes oder eines multilateralen Handelssystems oder mit einem direkten elektronischen Zugang zu einem Handelsplatz oder mit Warenderivaten, Emissionszertifikaten oder Derivaten auf Emissionszertifikate betreibt. 2Wer nach Satz 1 der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt bedarf, gilt als Wertpapierinstitut.

(5) Einer Erlaubnis der Bundesanstalt bedarf es in den Fällen des Absatzes 4 nicht, wenn

1. das Eigengeschäft als Mitglied oder Teilnehmer eines organisierten Marktes oder eines multilateralen Handelssystems oder mit einem direkten elektronischen Zugang zu einem Handelsplatz von einem Unternehmen, das keine Wertpapierdienstleistungen erbringt, betrieben wird, um objektiv messbar die Risiken aus der Geschäftstätigkeit oder dem Liquiditäts- und Finanzmanagement des Unternehmens oder der Gruppe, dem das Unternehmen angehört, zu reduzieren,
2. das Eigengeschäft mit Emissionszertifikaten von einem Betreiber im Sinne des § 3 Nummer 4 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes betrieben wird, der keine Wertpapierdienstleistungen erbringt, oder
3. das Eigengeschäft ausschließlich mit Warentermingeschäften, Emissionszertifikaten und Derivaten auf Emissionszertifikate betrieben wird und
a) das Unternehmen nicht Teil einer Unternehmensgruppe ist, die in der Haupttätigkeit Wertpapierdienstleistungen erbringt,
b) die Wertpapierdienstleistung in jedem dieser Fälle sowohl auf individueller als auch auf auf Ebene der Unternehmensgruppe aggregierter Basis eine Nebentätigkeit zur Haupttätigkeit darstellt; die Kriterien, wann eine Nebentätigkeit vorliegt, werden in einem auf der Grundlage von Artikel 2 Absatz 4 und Artikel 89 der Richtlinie 2014/65/EU erlassenen delegierten Rechtsakt der Kommission bestimmt.
c) das Unternehmen der Bundesanstalt auf Anforderung die Umstände mitteilt, auf Grund derer es zu der Auffassung gelangt, dass seine Tätigkeit eine Nebentätigkeit zu seiner Haupttätigkeit darstellt.
4. das Eigengeschäft als Mitglied einer Börse oder Teilnehmer eines Handelsplatzes von einem in einem Drittstaat ansässigen Unternehmen betrieben wird; dies gilt bis zu einer Entscheidung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde über eine Eintragung des Unternehmens in das Register nach Artikel 48 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 84; L 6 vom 10.1.2015, S. 6; L 270 vom 15.10.2015, S. 4; L 278 vom 27.10.2017, S. 54), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/2033 (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 314) geändert worden ist.
2Für Zeitpunkt, Inhalt und Form der Anzeige nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe c und für die Führung eines betreffenden öffentlichen Registers können nähere Bestimmungen in der Rechtsverordnung nach § 14 Absatz 3 erlassen werden; insbesondere kann dem Unternehmen ein schreibender Zugriff auf die für dieses Unternehmen einzurichtende Seite des Registers gestattet werden. Wird der schreibende Zugriff gestattet, ist das Unternehmen für die Richtigkeit und Aktualität der Seite verantwortlich.

(6) 1Einer Erlaubnis der Bundesanstalt bedarf es auch, wenn ein Wertpapierinstitut, dem eine Erlaubnis nach Absatz 1 erteilt wurde, eigene Finanzinstrumente vertreibt, soweit dies nicht als Erbringen einer Wertpapierdienstleistung oder als Betreiben des Eigengeschäfts nach Absatz 3 unter Erlaubnisvorbehalt steht. 2Absatz 1 erster Halbsatz gilt entsprechend.

(7) 1Eine Erlaubnis nach Absatz 1, Absatz 4 oder Absatz 5 kann nicht mit einer Erlaubnis nach § 32 des Kreditwesengesetzes, nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes, nach § 8 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder nach § 20 des Kapitalanlagegesetzbuchs oder mit einer Registrierung nach § 34 Absatz 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes verbunden werden. 2Für Wertpapierinstitute tritt die Pflicht der Erlaubnis nach § 32 des Kreditwesengesetzes hinter die Erlaubnis nach diesem Gesetz zurück.

(8) Eine Erlaubnis kann mit Auflagen versehen werden, die sich im Rahmen des mit diesem Gesetz verfolgten Zwecks halten müssen.

(9) Eine Erlaubnis nach Absatz 1 kann auf einzelne Wertpapierdienstleistungen oder inhaltlich dahingehend beschränkt werden, dass das Wertpapierinstitut nicht befugt ist, Eigentum oder Besitz am Kundengeld oder Kundenwertpapieren zu erwerben.

(10) Die Absätze 1 bis 9 finden auch dann Anwendung, wenn im Zuge einer Umwandlung nach § 305, § 320 oder § 333 des Umwandlungsgesetzes eine juristische Person, die nach den Absätzen 1 bis 4 oder Absatz 6 erlaubnispflichtige Geschäfte betreibt, ihren juristischen Sitz vom Ausland ins Inland verlegt.