§ 1

Anwendungsbereich, Vorrang der Netzreserve, Umgang mit bestehenden Verträgen

(1) 1 Diese Verordnung regelt das Verfahren der Beschaffung der Netzreserve, den Einsatz von Anlagen in der Netzreserve nach § 13d Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes sowie Anforderungen an Anlagen in der Netzreserve auf Grundlage von § 13i Absatz 3 Nummer 2 des Energiewirtschaftsgesetzes. 2 Sie präzisiert zudem die Bestimmungen zum Umgang mit geplanten Stilllegungen von Erzeugungsanlagen oder Anlagen zur Speicherung von elektrischer Energie auf Grundlage von § 13a Absatz 1, der §§ 13b bis 13d sowie 13i Absatz 3 Nummer 1 des Energiewirtschaftsgesetzes.

(2) 1 Die Bildung einer Netzreserve erfolgt auf Grundlage des Abschlusses von Verträgen zwischen Übertragungsnetz- und Anlagenbetreibern nach Abstimmung mit der Bundesnetzagentur über die Nutzung bestimmter Anlagen gemäß den Bestimmungen der §§ 2 bis 9 (vertragliches Schuldverhältnis). 2 Der Einsatz der Anlagen der Netzreserve erfolgt dann auf Grundlage der abgeschlossenen Verträge. 3 Die Bildung der Netzreserve nach Satz 1 erfolgt vorrangig zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen zum Umgang mit geplanten Stilllegungen von Anlagen.

(3) Bestehende Verträge und Optionen, welche von Übertragungsnetzbetreibern in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur für die Nutzung von Reservekraftwerken für die Winter 2011/2012 und 2012/2013 abgeschlossen wurden, werden durch die Vorgaben der Verordnung nicht berührt.

§ 2

Zweck der Bildung einer Netzreserve, Systemsicherheit

(1) Zweck der Bildung einer Netzreserve ist die Vorhaltung von Erzeugungskapazitäten zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems, insbesondere für die Bewirtschaftung von Netzengpässen und für die Spannungshaltung.

(2) 1 Eine Gefährdung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems liegt vor, wenn örtliche Ausfälle des Übertragungsnetzes oder kurzfristige Netzengpässe zu besorgen sind oder zu besorgen ist, dass die Haltung von Frequenz, Spannung oder Stabilität durch die Übertragungsnetzbetreiber nicht im erforderlichen Maße gewährleistet werden kann. 2 Maßstab ist der Erhalt der Systemsicherheit im Sinne von Satz 1 unter Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Technik für den sicheren Netzbetrieb im Sinne von § 49 des Energiewirtschaftsgesetzes. 3 Für einen sicheren Netzbetrieb sollen auch systemrelevante Mehrfachfehler angemessen beherrscht werden.

§ 3

Prüfung und Bestätigung des Bedarfs an Erzeugungskapazität für die Netzreserve

(1) 1 Die Bundesnetzagentur prüft bis spätestens zum 30. April eines jeden Jahres den Bedarf an Erzeugungskapazität für die Netzreserve. 2 Ein eventuell bestehender Bedarf wird von ihr bestätigt. 3 Die Bestätigung ist nicht selbstständig durch Dritte anfechtbar. 4 Die Ergebnisse der Prüfung, die Analysen der Übertragungsnetzbetreiber nach Absatz 2, die dieser zu Grunde liegenden Annahmen, Parameter, Szenarien, Methoden sowie die zum 30. April des jeweiligen Jahres für die jeweils folgenden fünf Jahre prognostizierten Einzelwerte der Jahreshöchstlast im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der Netzverluste und gegebenenfalls die Bestätigung werden in einem Bericht veröffentlicht.

(2) 1 Grundlage der Prüfung ist eine von den Betreibern von Übertragungsnetzen jährlich gemeinsam erstellte Analyse

1. der verfügbaren gesicherten Erzeugungskapazitäten auch im Hinblick auf deren technische Eignung für die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems einschließlich ihrer Anfahrzeiten und ihrer Laständerungsgeschwindigkeiten,
2. der wahrscheinlichen Entwicklung der verfügbaren gesicherten Erzeugungskapazitäten im Hinblick auf das jeweils folgende Winterhalbjahr sowie mindestens eines der weiteren darauf folgenden vier Betrachtungsjahre (Systemanalyse) und
3. des eventuellen Bedarfs an Netzreserve.
2 Ein Betrachtungsjahr umfasst jeweils den Zeitraum vom 1. April eines Jahres bis zum 31. März des jeweiligen Folgejahres. 3 Ergänzend erstellen die Betreiber von Übertragungsnetzen im Einvernehmen mit der Bundesnetzagentur bis zum 30. November 2016 eine Analyse des Winterhalbjahres 2021/2022 und des Winterhalbjahres 2022/2023; darüber hinaus kann die Bundesnetzagentur verlangen, dass die Betreiber von Übertragungsnetzen zusätzlich zu der Systemanalyse nach Satz 1 eine Analyse im Hinblick auf ein weiteres Betrachtungsjahr erstellen, das einen Untersuchungszeitraum nach dem in Satz 1 genannten Zeitraum abdeckt (Langfristanalyse). 4 Die Entscheidung über weitere Untersuchungszeiträume nach Satz 3 bedarf der Zustimmung durch die Bundesnetzagentur. 5 Die der Systemanalyse zu Grunde liegenden Annahmen, Parameter, Szenarien und Methoden sind bis spätestens zum 1. Dezember eines jeden Jahres mit der Bundesnetzagentur abzustimmen. 6 Die Systemanalyse ist ihr bis spätestens zum 1. März eines jeden Jahres zu übermitteln.

(3) 1 Maßstab der Analysen der Übertragungsnetzbetreiber und der Prüfung der Bundesnetzagentur ist die Vermeidung einer Gefährdung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems im Sinne von § 2 Absatz 2 durch Vorhaltung von Erzeugungskapazitäten insbesondere als Redispatchpotential. 2 Bei den Analysen sind insbesondere bestehende Netzengpässe und mögliche Entwicklungen im Hinblick auf den Netzausbau zu berücksichtigen.

§ 4

Verfahren, Möglichkeit zur Interessenbekundung

(1) 1 Im Fall eines von der Bundesnetzagentur nach § 3 bestätigten zusätzlichen Bedarfs an Erzeugungskapazität für die Netzreserve veröffentlicht der jeweils betroffene Übertragungsnetzbetreiber in Übereinstimmung mit der Bestätigung bis spätestens zum 30. April eines jeden Jahres die Anforderungen an die erforderlichen Anlagen einschließlich eventueller Anforderungen an den Standort und die technischen Parameter. 2 Die ergänzende Langfristanalyse bleibt bei dem Verfahren nach Satz 1 unberücksichtigt.

(2) 1 Die Betreiber von Anlagen können bis spätestens zum 15. Mai eines jeden Jahres ihr Interesse am Abschluss eines Vertrages zur Aufnahme ihrer Anlage in die Netzreserve bekunden. 2 Bei gleicher technischer Eignung mehrerer angebotener Anlagen im Hinblick auf die Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems berücksichtigt der betroffene Übertragungsnetzbetreiber das preisgünstigste Angebot. 3 Es besteht kein Rechtsanspruch auf Abschluss eines Vertrags.

(3) 1 Die Betreiber von Übertragungsnetzen führen die Verhandlungen mit den Betreibern der Anlagen und schließen bis spätestens zum 15. September Verträge über die Nutzung der Anlagen für die Netzreserve ab, sofern diese Anlagen im folgenden Winterhalbjahr benötigt werden. 2 Verträge über die Nutzung der Anlagen für die Netzreserve, die frühestens im übernächsten Winterhalbjahr benötigt werden, sollen bis spätestens zum 15. Dezember abgeschlossen werden.

§ 5

Verträge mit Betreibern bestehender Anlagen

(1) 1 Der Abschluss von Verträgen mit Betreibern von Anlagen erfolgt durch den Übertragungsnetzbetreiber, in dessen Regelzone die betreffende Anlage angeschlossen ist, nach Abstimmung mit der Bundesnetzagentur. 2 Der Übertragungsnetzbetreiber im Sinne von Satz 1 ist auch berechtigt, Verträge mit den Betreibern geeigneter Anlagen im europäischen Energiebinnenmarkt und der Schweiz abzuschließen. 3 Die Vertragsdauer kann bis zu 24 Monate, in begründeten Fällen auch länger betragen.

(2) Ein Vertrag mit einem Betreiber einer Anlage im Inland darf nur abgeschlossen werden, wenn die Anlage

1. systemrelevant im Sinne von § 13b Absatz 2 Satz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes ist;
2. der Betreiber sich verpflichtet, die für die Netzreserve genutzte Anlage nach Ablauf des Vertrages bis zur endgültigen Stilllegung nicht mehr an den Strommärkten einzusetzen;
3. die Anzeigefrist nach § 13b Absatz 1 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes zum Beginn des geplanten Einsatzes in der Netzreserve verstrichen ist oder die Anlage bereits vorläufig stillgelegt ist und
4. alle gesetzlichen und genehmigungsrechtlichen Anforderungen an den Betrieb der Anlage für die Vertragsdauer erfüllt sind oder sich die Anlage in einem materiell genehmigungsfähigen Zustand befindet.

(3) Ein Vertrag mit einem Betreiber einer Anlage im europäischen Energiebinnenmarkt und in der Schweiz darf abgeschlossen werden, wenn die betreffende Anlage

1. geeignet ist, zur Lösung der konkreten Systemsicherheitsprobleme in Deutschland beizutragen;
2. die jeweils nach nationalem Recht des betroffenen Staates zuständigen Behörden keine Einwände im Hinblick auf die Gewährleistung der Versorgungssicherheit erheben;
3. die Bindung für den erforderlichen Zeitraum gesichert und
4. bei gleicher technischer Eignung mindestens genauso preisgünstig wie die Nutzung von Erzeugungsanlagen in Deutschland ist.

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