WPG

Wärmeplanungsgesetz

Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze

Vom 20.12.2023

§ 3

Begriffsbestimmungen

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1. „Baublock“ ein Gebäude oder mehrere Gebäude oder Liegenschaften, das oder die von mehreren oder sämtlichen Seiten von Straßen, Schienen oder sonstigen natürlichen oder baulichen Grenzen umschlossen und für die Zwecke der Wärmeplanung als zusammengehörig zu betrachten ist oder sind,
2. „beplantes Gebiet“ der räumliche Bereich, für den ein Wärmeplan erstellt wird,
3. „beplantes Teilgebiet“ ein Teil des beplanten Gebiets, das aus mehreren Grundstücken oder aus Teilen von, aus einzelnen oder mehreren Baublöcken besteht und von der planungsverantwortlichen Stelle für die Untersuchung der möglichen Wärmeversorgungsarten sowie für die entsprechende Einteilung in voraussichtliche Wärmeversorgungsgebiete zusammengefasst wird,
4. „blauer Wasserstoff“ Wasserstoff aus der Reformierung von Erdgas, dessen Erzeugung mit einem Kohlenstoffdioxid-Abscheidungsverfahren und Kohlenstoffdioxid-Speicherungsverfahren gekoppelt wird,
5. „Energieträger“ ausschließlich für die Zwecke der Bestandsanalyse nach § 15, der Potenzialanalyse nach § 16 sowie für das Zielszenario nach § 17 Braunkohle, Steinkohle, Erdgas, Flüssiggas, Heizöl, Wasserstoff, Wasserstoffderivate, insbesondere synthetisches Methan, Grubengas, nichtbiogener Abfall, biogener Abfall, Abwärme, feste Biomasse, gasförmige Biomasse, insbesondere Biogas, Biomethan, Deponiegas oder Klärgas, flüssige Biomasse, Strom, Solarthermie, oberflächennahe Geothermie, tiefe Geothermie, Umweltwärme aus Oberflächengewässern, Grubenwasser, Luft oder Abwasser,
6. „Gebiet für die dezentrale Wärmeversorgung“ ein beplantes Teilgebiet, das überwiegend nicht über ein Wärme- oder ein Gasnetz versorgt werden soll,
7. „neues Wärmenetz“ ein Wärmenetz nach Nummer 17,
a) dessen Baubeginn nach dem Ablauf des 31. Dezember 2023 liegt,
b) das nach dem 1. Januar 2024 erstmals die Größe eines Gebäudenetzes im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 9a des Gebäudeenergiegesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 16. Oktober 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 280) geändert worden ist, überschreitet oder
c) dessen Baubeginn zur Netzerweiterung nach dem Ablauf des 31. Dezember 2023 liegt und das nicht oder nur in geringem Maße thermisch durch direkte hydraulische Verbindung oder indirekt über Wärmeübertragung mit einem bestehenden vorgelagerten Netz verbunden ist; ein geringes Maß liegt vor, wenn der Anteil der Wärmebereitstellung aus dem bestehenden Netz im Jahresmittel kleiner als 20 Prozent ist,
8. „oranger Wasserstoff“ Wasserstoff, der aus Biomasse oder unter Verwendung von Strom aus Anlagen der Abfallwirtschaft hergestellt wird,
9. „planungsverantwortliche Stelle“ der nach Landesrecht für die Erfüllung der Aufgaben nach Teil 2 verantwortliche Rechtsträger,
10. „Prüfgebiet“ ein beplantes Teilgebiet, das nicht in ein voraussichtliches Wärmeversorgungsgebiet nach den Nummern 6, 18 oder 23 eingeteilt werden soll, weil die für eine Einteilung erforderlichen Umstände noch nicht ausreichend bekannt sind oder weil ein erheblicher Anteil der ansässigen Letztverbraucher auf andere Art mit Wärme versorgt werden soll, etwa leitungsgebunden durch grünes Methan im Einklang mit § 28,
11. „Straßenabschnitt“ der durch Kreuzungen, Straßenknoten oder Einmündungen begrenzte Teil einer Straße einschließlich der anliegenden Bebauung,
12. „türkiser Wasserstoff“ Wasserstoff, der über die Pyrolyse von Erdgas hergestellt wird,
13. „unvermeidbare Abwärme“ Wärme, die als unvermeidbares Nebenprodukt in einer Industrieanlage, einer Stromerzeugungsanlage oder im tertiären Sektor anfällt und ohne den Zugang zu einem Wärmenetz ungenutzt in die Luft oder in das Wasser abgeleitet werden würde; Abwärme gilt als unvermeidbar, soweit sie aus wirtschaftlichen, sicherheitstechnischen oder sonstigen Gründen im Produktionsprozess nicht nutzbar ist und nicht mit vertretbarem Aufwand verringert werden kann,
14. „voraussichtliches Wärmeversorgungsgebiet“ ein Wärmenetzgebiet, ein Wasserstoffnetzgebiet, ein Gebiet für die dezentrale Wärmeversorgung oder ein Prüfgebiet,
15. „Wärme aus erneuerbaren Energien“ Wärme
a) aus Geothermie im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 13 des Gebäudeenergiegesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728) in der am 1. Januar 2024 geltenden Fassung,
b) aus Umweltwärme im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 30 des Gebäudeenergiegesetzes in der am 1. Januar 2024 geltenden Fassung,
c) aus Abwasser im Sinne des § 54 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 3. Juli 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 176) geändert worden ist,
d) aus Solarthermie,
e) aus Biomasse im Sinne des § 3 Absatz 3 des Gebäudeenergiegesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728) in der am 1. Januar 2024 geltenden Fassung sowie aus Altholz der Kategorie III, aus unbehandelten Resthölzern, aus Resthölzern aus der Holzbe- und -verarbeitung, aus Sägerestholz oder aus Industrieholz der Altholzkategorien I, II und III, sofern die Biomasse die Anforderungen des § 71f Absatz 2 bis 4 sowie des § 71g Nummer 3 des Gebäudeenergiegesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728) in der am 1. Januar 2024 geltenden Fassung erfüllt; ausgenommen hiervon ist Biomasse aus Rohstoffen mit hohem Risiko indirekter Landnutzungsänderung nach Artikel 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/807 der Kommission vom 13. März 2019 zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Bestimmung der Rohstoffe mit hohem Risiko indirekter Landnutzungsänderungen, in deren Fall eine wesentliche Ausdehnung der Produktionsflächen auf Flächen mit hohem Kohlenstoffbestand zu beobachten ist, und die Zertifizierung von Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen mit geringem Risiko indirekter Landnutzungsänderungen (ABl. L 133 vom 21.5.2019, S. 1), die durch die Richtlinie (EU) 2018/2001 (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) vervollständigt worden ist; feste Biomasse-Brennstoffe, gasförmige Biomasse-Brennstoffe sowie flüssige Biobrennstoffe müssen die Nachhaltigkeitsanforderungen der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung vom 2. Dezember 2021 (BGBl. I S. 5126), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 13. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2286) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung erfüllen,
f) aus grünem Methan im Sinne von Biomethan, das die Anforderungen an gasförmige Biomasse-Brennstoffe gemäß Buchstabe e erfüllt, Methan, das aus grünem Wasserstoff und biogenem oder atmosphärischem Kohlendioxid hergestellt ist, oder Kombinationen hiervon auch mit Beimischung von grünem Wasserstoff,
g) aus einer Wärmepumpe, die Wärme in ein Wärmenetz einspeist, sofern die Wärmepumpe zum Zeitpunkt ihrer Installation die in Anhang VII der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2023/1185 (ABl. L 157 vom 20.6.2023, S. 20) vervollständigt worden ist, festgelegten Mindesteffizienzkriterien erfüllt,
h) aus Strom, der aus einem Netz der allgemeinen Versorgung im Sinne des § 3 Nummer 17 des Energiewirtschaftsgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970; 3621), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 8. Oktober 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 272) geändert worden ist, oder einem geschlossenen Verteilernetz im Sinne des § 110 des Energiewirtschaftsgesetzes bezogen wird, hinsichtlich des durchschnittlichen erneuerbaren Anteils am bundesweiten Bruttostromverbrauch des vorangegangenen Kalenderjahres; für den erneuerbaren Anteil im Jahr 2030 ist der Zielwert des § 1 Absatz 2 des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes anzusetzen,
i) aus Strom, der in einer Anlage im Sinne des § 3 Nummer 1 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 26. Juli 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 202) geändert worden ist, erzeugt wurde, die über eine Direktleitung mit der Anlage zur Erzeugung von Wärme verbunden ist oder ausschließlich innerhalb einer Kundenanlage im Sinne des § 3 Nummer 24a oder Nummer 24b des Energiewirtschaftsgesetzes erzeugt und verbraucht wurde,
j) aus grünem Wasserstoff im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 13b des Gebäudeenergiegesetzes in der am 1. Januar 2024 geltenden Fassung einschließlich daraus hergestellter Derivate, sofern der Wasserstoff die Anforderungen des § 71f Absatz 3 des Gebäudeenergiegesetzes in der am 1. Januar 2024 geltenden Fassung erfüllt,
k) für die von der zuständigen Behörde nach dem Herkunftsnachweisregistergesetz vom 4. Januar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 9) sowie nach einer auf Grundlage von § 6 Absatz 1 des Herkunftsnachweisregistergesetzes erlassenen Rechtsverordnung ein Herkunftsnachweis für Wärme aus erneuerbaren Energiequellen ausgestellt wurde,
l) aus einem Wärmespeicher nach Nummer 21, soweit die Energie aus einer der in den Nummern 13 und 15 genannten Quellen stammt und in das Wärmenetz eingespeist wird,
16. „Wärmeliniendichte“ der Quotient aus der Wärmemenge in Kilowattstunden, die innerhalb eines Leitungsabschnitts an die dort angeschlossenen Verbraucher innerhalb eines Jahres abgesetzt wird, und der Länge dieses Leitungsabschnitts in Metern; dabei entspricht ein Leitungsabschnitt einem Straßenabschnitt im Sinne der Nummer 11, soweit nichts anderes bestimmt ist,
17. „Wärmenetz“ eine Einrichtung zur leitungsgebundenen Versorgung mit Wärme, die kein Gebäudenetz im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 9a des Gebäudeenergiegesetzes in der am 1. Januar 2024 geltenden Fassung ist,
18. „Wärmenetzgebiet“ ein beplantes Teilgebiet, in dem ein Wärmenetz besteht oder geplant ist und ein erheblicher Anteil der ansässigen Letztverbraucher über das Wärmenetz versorgt werden soll, wobei innerhalb der Wärmenetzgebiete zu unterscheiden ist zwischen
a) Wärmenetzverdichtungsgebieten, das sind beplante Teilgebiete, in denen Letztverbraucher, die sich in unmittelbarer Nähe zu einem bestehenden Wärmenetz befinden, mit diesem verbunden werden sollen, ohne dass hierfür der Ausbau des Wärmenetzes nach Buchstabe b erforderlich würde,
b) Wärmenetzausbaugebieten, das sind beplante Teilgebiete, in denen es bislang kein Wärmenetz gibt und die durch den Neubau von Wärmeleitungen erstmals an ein bestehendes Wärmenetz angeschlossen werden sollen,
c) Wärmenetzneubaugebieten, das sind beplante Teilgebiete, die an ein neues Wärmenetz nach Nummer 7 angeschlossen werden sollen,
19. „Wärmeplan“ das zur Veröffentlichung bestimmte Ergebnis der Wärmeplanung,
20. „Wärmeplanung“ eine rechtlich unverbindliche, strategische Fachplanung, die
a) Möglichkeiten für den Ausbau und die Weiterentwicklung leitungsgebundener Energieinfrastrukturen für die Wärmeversorgung, die Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energien, aus unvermeidbarer Abwärme oder einer Kombination hieraus sowie zur Einsparung von Wärme aufzeigt und
b) die mittel- und langfristige Gestaltung der Wärmeversorgung für das beplante Gebiet beschreibt,
21. „Wärmespeicher“ eine Vorrichtung zur zeitlich begrenzten Speicherung von Wärme einschließlich aller technischen Vorrichtungen zur Be- und Entladung des Wärmespeichers,
22. „Wärmeversorgungsart“ die einem beplanten Teilgebiet nach den Nummern 6, 18 oder Nummer 23 zu Grunde liegende Versorgung,
23. „Wasserstoffnetzgebiet“ ein beplantes Teilgebiet, in dem ein Wasserstoffnetz besteht oder geplant ist und ein erheblicher Anteil der ansässigen Letztverbraucher über das Wasserstoffnetz zum Zweck der Wärmeerzeugung versorgt werden soll,
24. „Zieljahr“ das Jahr, in dem spätestens die Umstellung auf eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung abgeschlossen sein soll.

(2) Wärme, die aus Grubengas erzeugt wird, ist im Anwendungsbereich dieses Gesetzes der Wärme aus erneuerbaren Energien im Sinne des Absatzes 1 Nummer 15 gleichgestellt.

(3) Wasserstoff nach Absatz 1 Nummer 4, 8 oder Nummer 12 ist grünem Wasserstoff nach Absatz 1 Nummer 15 Buchstabe j im Sinne dieses Gesetzes gleichgestellt, wenn die Herstellung im Einklang mit den folgenden Regelungen bezogen auf Treibhausgasemissionen erfolgt:

1. Anhang I Nummer 3.10 zu der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2139 der Kommission vom 4. Juni 2021 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung der technischen Bewertungskriterien, anhand deren bestimmt wird, unter welchen Bedingungen davon auszugehen ist, dass eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz oder zur Anpassung an den Klimawandel leistet, und anhand deren bestimmt wird, ob diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen eines der übrigen Umweltziele vermeidet (ABl. L 442 vom 9.12.2021, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung oder
2. Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 94) in der jeweils geltenden Fassung, sofern das in dieser Richtlinie in der jeweils geltenden Fassung geregelte Treibhausgasminderungsziel um höchstens 3,4 Prozentpunkte nach unten abweicht von der in Nummer 1 genannten Regelung.
Abweichend von Satz 1 ist nur die Regelung nach Satz 1 Nummer 2 anzuwenden, wenn diese gegenüber der Regelung nach Satz 1 Nummer 1 ein höheres Treibhausgasminderungsziel gemessen in Kohlendioxid-Äquivalenten pro Megajoule Wasserstoff vorsieht.

(4) Wärme, die aus folgenden Quellen stammt, ist im Anwendungsbereich dieses Gesetzes unvermeidbarer Abwärme im Sinne des Absatzes 1 Nummer 13 gleichgestellt:

1. Wärme aus thermischer Abfallbehandlung, die nicht unter Absatz 1 Nummer 15 fällt und die
a) unter Einhaltung der Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 2. März 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 56) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung aus der energetischen Verwertung von Abfall gewonnen wird oder
b) aus der thermischen Behandlung von Klärschlammen gemäß der Klärschlammverordnung vom 27. September 2017 (BGBl. I S. 3465) in der jeweils geltenden Fassung gewonnen wird;
2. Wärme, für die von der zuständigen Behörde nach dem Herkunftsnachweisregistergesetz sowie nach einer auf Grundlage von § 6 Absatz 1 des Herkunftsnachweisregistergesetzes erlassenen Rechtsverordnung ein Herkunftsnachweis für Wärme oder Kälte aus unvermeidbarer Abwärme ausgestellt wurde.