(1) 1 Versicherungsunternehmen müssen über ein wirksames Risikomanagementsystem verfügen, das gut in die Organisationsstruktur und die Entscheidungsprozesse des Unternehmens integriert ist und dabei die Informationsbedürfnisse der Personen, die das Unternehmen tatsächlich leiten oder andere Schlüsselfunktionen innehaben, durch eine angemessene interne Berichterstattung gebührend berücksichtigt. 2 Das Risikomanagementsystem muss die Strategien, Prozesse und internen Meldeverfahren umfassen, die erforderlich sind, um Risiken, denen das Unternehmen tatsächlich oder möglicherweise ausgesetzt ist, zu identifizieren, zu bewerten, zu überwachen und zu steuern sowie aussagefähig über diese Risiken zu berichten. 3 Es muss einzeln und auf aggregierter Basis eine kontinuierliche Risikosteuerung unter Berücksichtigung der zwischen den Risiken bestehenden Interdependenzen ermöglichen. 4 Auf Verlangen der Aufsichtsbehörde haben die Versicherungsunternehmen einen Sanierungsplan (allgemeiner Sanierungsplan) aufzustellen. 5 Der allgemeine Sanierungsplan muss Szenarien beschreiben, die zu einer Gefährdung des Unternehmens führen können, und darlegen, mit welchen Maßnahmen diesen begegnet werden soll.
(2) Zu den zu entwickelnden Strategien zählt insbesondere eine auf die Steuerung des Unternehmens abgestimmte Risikostrategie, die Art, Umfang und Komplexität des betriebenen Geschäfts und der mit ihm verbundenen Risiken berücksichtigt.
(3) Wenn Versicherungsunternehmen die Matching-Anpassung gemäß § 80 oder die Volatilitätsanpassung gemäß § 82 anwenden, erstellen sie einen Liquiditätsplan, der die eingehenden und ausgehenden Zahlungsströme in Bezug auf die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten projiziert, die diesen Anpassungen unterliegen.
(4) Wird die Volatilitätsanpassung gemäß § 82 angewendet, umfassen die schriftlich festgelegten Leitlinien für das Risikomanagement gemäß § 23 Absatz 3 Leitlinien für die Kriterien zur Anwendung der Volatilitätsanpassung.
(5) 1 Das Risikomanagementsystem hat sämtliche Risiken des Versicherungsunternehmens zu umfassen und insbesondere die folgenden Bereiche abzudecken:
(6) In Bezug auf das Kapitalanlagerisiko müssen Versicherungsunternehmen nachweisen, dass sie die Anforderungen des § 124 einhalten.
(7) 1 In Bezug auf das Aktiv-Passiv-Management bewerten die Versicherungsunternehmen regelmäßig
(8) 1 Die Versicherungsunternehmen müssen eine unabhängige Risikocontrollingfunktion einrichten, die so strukturiert ist, dass sie die Umsetzung des Risikomanagementsystems maßgeblich befördert. 2 Bei Versicherungsunternehmen, die ein internes Modell verwenden, hat die Risikocontrollingfunktion zusätzlich die Aufgabe, das interne Modell zu entwickeln, umzusetzen, zu testen, zu validieren und einschließlich späterer Änderungen zu dokumentieren. 3 Darüber hinaus analysiert sie die Leistungsfähigkeit des internen Modells und berichtet dem Vorstand in zusammengefasster Form über diese Analyse, gibt ihm Anregungen zur Verbesserung des Modells und hält ihn über Korrekturmaßnahmen für festgestellte Schwächen oder Mängel auf dem Laufenden.
(1) 1 Zum Risikomanagementsystem gehört eine unternehmenseigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung, die Versicherungsunternehmen regelmäßig sowie im Fall wesentlicher Änderungen in ihrem Risikoprofil unverzüglich vorzunehmen haben. 2 Die Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung muss fester Bestandteil der Geschäftsstrategie des Unternehmens sein und kontinuierlich in die strategischen Entscheidungen einfließen. 3 Die Versicherungsunternehmen informieren die Aufsichtsbehörde innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss jeder durchgeführten Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung über das Ergebnis.
(2) Die Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung umfasst mindestens
(3) 1 Die Unternehmen müssen für die Beurteilung nach Absatz 2 Nummer 1 über Prozesse verfügen, die der Art, dem Umfang und der Komplexität ihrer Risiken angemessen sind und es ihnen erlauben, alle Risiken, denen sie kurz- und langfristig ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein könnten, ordnungsgemäß zu identifizieren und zu beurteilen. 2 Dazu gehört insbesondere die selbständige Durchführung von Stresstests und Szenarioanalysen.
(4) Die Versicherungsunternehmen sind für die von ihnen zur Bewertung des Solvabilitätsbedarfs nach Absatz 2 Nummer 1 verwendeten Methoden darlegungspflichtig.
(5) Sofern ein internes Modell verwendet wird, hat die Bewertung in den in Absatz 2 Nummer 3 genannten Fällen zusammen mit der Rekalibrierung zu erfolgen, mit der die Ergebnisse des internen Modells auf das Risikomaß und die Kalibrierung der Solvabilitätskapitalanforderung überführt werden.
(6) 1 Unternehmen, die langfristige Garantien geben, müssen als Teil der Beurteilung nach Absatz 2 Nummer 2 auch die langfristige Risikotragfähigkeit des Unternehmens berücksichtigen. 2 Wenn Versicherungsunternehmen die Matching-Anpassung gemäß § 80, die Volatilitätsanpassung gemäß § 82 oder die Übergangsmaßnahmen gemäß den §§ 351 und 352 anwenden, ist die Einhaltung der Kapitalanforderungen gemäß Absatz 2 Nummer 2 mit und ohne Berücksichtigung dieser Anpassungen und Übergangsmaßnahmen zu bewerten.
(1) Damit ein übermäßiges Vertrauen auf externe Ratingagenturen vermieden wird, überprüfen die Versicherungsunternehmen bei der Nutzung externer Ratings für die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen und der Solvabilitätskapitalanforderung im Rahmen ihres Risikomanagements die Angemessenheit dieser externen Ratings, indem sie soweit praktisch möglich zusätzliche Bewertungen vornehmen, um eine automatische Abhängigkeit von externen Ratings zu verhindern.
(2) Die in den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 einbezogenen Unternehmen, die der Aufsicht nach diesem Gesetz unterliegen, haben die sich aus dieser Verordnung in der jeweils geltenden Fassung ergebenden Pflichten einzuhalten.
(1) 1 Versicherungsunternehmen müssen über ein wirksames internes Kontrollsystem verfügen, das mindestens Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren, einen internen Kontrollrahmen und eine angemessene unternehmensinterne Berichterstattung auf allen Unternehmensebenen umfasst. 2 Darüber hinaus muss das interne Kontrollsystem über eine Funktion zur Überwachung der Einhaltung der Anforderungen (Compliance-Funktion) verfügen.
(2) 1 Zu den Aufgaben der Compliance-Funktion gehört die Beratung des Vorstands in Bezug auf die Einhaltung der Gesetze und Verwaltungsvorschriften, die für den Betrieb des Versicherungsgeschäfts gelten. 2 Außerdem hat die Compliance-Funktion die möglichen Auswirkungen von Änderungen des Rechtsumfeldes für das Unternehmen zu beurteilen und das mit der Verletzung der rechtlichen Vorgaben verbundene Risiko (Compliance-Risiko) zu identifizieren und zu beurteilen.
(3) Versicherungsunternehmen müssen über angemessene Systeme und Strukturen verfügen, um die in den §§ 40 bis 42 genannten Anforderungen erfüllen und die Informationen bereitstellen zu können, die den Aufsichtsbehörden nach diesem Gesetz zu übermitteln sind.
(4) Die Unternehmen legen in vom Vorstand genehmigten schriftlichen internen Leitlinien fest, wie die kontinuierliche Angemessenheit der zu veröffentlichenden und der zu übermittelnden Informationen zu gewährleisten ist.
(1) Versicherungsunternehmen müssen über eine wirksame interne Revision verfügen, welche die gesamte Geschäftsorganisation und insbesondere das interne Kontrollsystem auf deren Angemessenheit und Wirksamkeit überprüft.
(2) 1 Die interne Revision muss objektiv und unabhängig von anderen operativen Tätigkeiten sein. 2 Sie berichtet ihre Prüfungsergebnisse und Empfehlungen direkt an den Vorstand. 3 Der Vorstand beschließt, welche Maßnahmen auf Grund der Feststellungen der Revisionsberichte zu ergreifen sind und stellt die Umsetzung dieser Maßnahmen sicher.
(1) 1 Versicherungsunternehmen müssen über eine wirksame versicherungsmathematische Funktion verfügen. 2 Die Aufgabe dieser Funktion ist es, in Bezug auf die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen
(2) 1 Darüber hinaus gibt die versicherungsmathematische Funktion eine Stellungnahme zur allgemeinen Zeichnungs- und Annahmepolitik und zur Angemessenheit der Rückversicherungsvereinbarungen ab. 2 Sie trägt zur wirksamen Umsetzung des Risikomanagementsystems bei. 3 Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung interner Modelle. 4 Außerdem trägt die versicherungsmathematische Funktion zur Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung bei.
(3) Wer die versicherungsmathematische Funktion ausübt, muss über Kenntnisse der Versicherungs- und der Finanzmathematik verfügen, die der Art, dem Umfang und der Komplexität der Risiken des Versicherungsunternehmens angemessen sind, und einschlägige Erfahrungen mit den maßgeblichen fachlichen und sonstigen Standards darlegen können.