§ 1
Enteignung zur Sicherung der Finanzmarktstabilität
(1)
Zur Sicherung der Finanzmarktstabilität können Enteignungen nach Maßgabe dieses Gesetzes vorgenommen werden.
(2)
Zulässige Gegenstände einer Enteignung zur Sicherung der Finanzmarktstabilität können sein:
1.
Anteile an Unternehmen des Finanzsektors im Sinne des § 2 Absatz 1 des Stabilisierungsfondsgesetzes,
2.
sonstige Rechte, die Bestandteile der Eigenmittel von Unternehmen des Finanzsektors sind,
3.
Anteile an Tochterunternehmen von Unternehmen des Finanzsektors sowie sonstige Rechte, die Bestandteile der Eigenmittel solcher Tochterunternehmen sind,
4.
Forderungen oder Finanzinstrumente aus dem Vermögen der Unternehmen nach Nummer 1 oder Nummer 3 sowie Verbindlichkeiten gegenüber Dritten, deren Erfüllung von dem betreffenden Unternehmen nach Nummer 1 oder Nummer 3 geschuldet wird und die in sachlichem Zusammenhang zu den zu enteignenden Forderungen oder Wertpapieren stehen, einschließlich Forderungen und Verbindlichkeiten aus Derivate-, Pensions- und ähnlichen Geschäften.
2Satz 1 Nummer 1 und 3 gilt nicht für Unternehmen des Finanzsektors, die in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts geführt werden oder an denen ausschließlich juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind.
3Wird ein Unternehmen des Finanzsektors in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft geführt, gelten auch die Anteile an Komplementären als Anteile im Sinne des Satzes 1 Nummer 1.
Entsprechendes gilt, wenn Tochterunternehmen im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft geführt werden.
(3)
1Die Enteignungsgegenstände werden auf Enteignungsbegünstigte übertragen.
Enteignungsbegünstigte sind:
1.
der Finanzmarktstabilisierungsfonds nach § 1 des Stabilisierungsfondsgesetzes (Fonds),
2.
juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts, deren Anteile ausschließlich vom Bund oder von dem Fonds unmittelbar oder mittelbar gehalten werden.
(4)
Die Enteignung ist entsprechend den folgenden Regelungen nachrangig gegenüber anderen Mitteln.
1.
Die Enteignung ist nur zulässig, wenn sie für die Sicherung der Finanzmarktstabilität erforderlich ist und andere rechtlich und wirtschaftlich zumutbare Lösungen in dem für die Sicherung erforderlichen Zeitraum nicht mehr zur Verfügung stehen, mit denen die Finanzmarktstabilität gleichermaßen, aber auf weniger einschneidende Weise gesichert werden kann.
2.
Voraussetzung für eine Enteignung nach Nummer 1 ist insbesondere, dass
a)
die Sicherung der Finanzmarktstabilität eine Stabilisierung von Unternehmen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 3 erfordert (Systemrelevanz),
b)
für eine rechtssichere, nachhaltige und wirtschaftlich zumutbare Stabilisierung von Unternehmen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 3 Stabilisierungsmaßnahmen nach dem Stabilisierungsfondsgesetz nicht ausreichen,
c)
eine Übertragung des Enteignungsgegenstandes auf den Enteignungsbegünstigten in dem für die Sicherung der Finanzmarktstabilität erforderlichen Zeitraum rechtssicher und zu wirtschaftlich zumutbaren Bedingungen nicht auf weniger einschneidende Weise, insbesondere nicht durch Maßnahmen nach dem Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetz erreicht werden kann (alternativer Erwerb). Eine Enteignung ist nur zulässig, wenn sich die Enteignungsbehörde zuvor um den alternativen Erwerb vergeblich bemüht hat oder dieser angesichts der Dringlichkeit keine ausreichende Aussicht auf Erfolg hat. Voraussetzung für die Enteignung ist insbesondere, dass für eine entsprechende Kapitalmaßnahme in der Hauptversammlung die erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden ist oder der Beschluss nicht rechtzeitig eingetragen wird.