ProdSG

Produktsicherheitsgesetz

Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt

Vom 27.7.2021 (BGBl. I S. 3146, 3147)

Zuletzt geändert am 27.7.2021 (BGBl. I S. 3146)

Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften
§ 1Anwendungsbereich
Abschnitt 2
Voraussetzungen für die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt sowie für das Ausstellen von Produkten
§ 3Allgemeine Anforderungen an die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt
Abschnitt 3
Bestimmungen über die Befugnis erteilende Behörde
§ 9Aufgaben der Befugnis erteilenden Behörde
Abschnitt 4
Notifizierung von Konformitätsbewertungsstellen
§ 12Anträge auf Notifizierung
Abschnitt 5
GS-Zeichen
§ 20Zuerkennung des GS-Zeichens
Abschnitt 6
Marktüberwachung, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und Ausschuss für Produktsicherheit
§ 25Marktüberwachung
Abschnitt 7
Straf- und Bußgeldvorschriften
§ 28Bußgeldvorschriften

§ 10

Anforderungen an die Befugnis erteilende Behörde

(1) Die Länder haben die Befugnis erteilende Behörde so einzurichten, dass es zu keinerlei Interessenkonflikt mit den Konformitätsbewertungsstellen kommt; insbesondere darf die Befugnis erteilende Behörde weder Tätigkeiten, die Konformitätsbewertungsstellen durchführen, noch Beratungsleistungen auf einer gewerblichen oder wettbewerblichen Basis anbieten oder erbringen.

(2) Bedienstete der Befugnis erteilenden Behörde, die die Begutachtung einer Konformitätsbewertungsstelle durchgeführt haben, dürfen nicht mit der Entscheidung über die Erteilung der Befugnis, als Konformitätsbewertungsstelle tätig werden zu dürfen, betraut werden.

(3) Der Befugnis erteilenden Behörde muss kompetentes Personal in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, so dass sie ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen kann.

§ 11

Befugnisse der Befugnis erteilenden Behörde

(1) 1 Die Befugnis erteilende Behörde kann von den Konformitätsbewertungsstellen, denen sie die Befugnis zur Durchführung bestimmter Konformitätsbewertungstätigkeiten erteilt hat, die zur Erfüllung ihrer Überwachungsaufgaben erforderlichen Auskünfte einschließlich der Herausgabe personenbezogener Daten, soweit dies zur Überprüfung der Kompetenz der Stelle erforderlich ist, und sonstige Unterstützung verlangen sowie die dazu erforderlichen Anordnungen treffen. 2 Die Befugnis erteilende Behörde ist insbesondere befugt zu verlangen, dass ihr diejenigen Unterlagen vorgelegt werden, die der Konformitätsbewertung zugrunde liegen. 3 Die personenbezogenen Daten umfassen Vorname, Name, Adresse, berufliche Qualifikationen, Fort-und Weiterbildungen sowie berufliche Stationen. 4 Die von der Befugnis erteilenden Behörde erhobenen personenbezogenen Daten sind unverzüglich zu löschen, sobald sie nicht mehr erforderlich sind, spätestens drei Jahre nach Auslaufen der Befugnis. 5 Ausgenommen davon sind Vorname, Name und Adresse, die nach zehn Jahren zu löschen sind. 6 § 75 Absatz 4 des Bundesdatenschutzgesetzes bleibt unberührt.

(2) 1 Die Befugnis erteilende Behörde kann sich bei Erteilung der Befugnis sowie in regelmäßigen Abständen von der Geschäftsführung, der obersten Leitungsebene und dem für die Konformitätsbewertungstätigkeiten zuständigen Personal ein Führungszeugnis nach § 30 Absatz 5 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen, soweit dies zur Überprüfung der Zuverlässigkeit der Stelle erforderlich ist. 2 Die Befugnis erteilende Behörde darf von den nach Satz 1 eingesehenen Daten nur den Umstand, dass Einsicht in ein Führungszeugnis genommen wurde, das Datum des Führungszeugnisses und die Information erheben, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer einschlägigen Straftat nach den §§ 202a bis 202d, 263, 264, 266, 267 bis 269, 271, 274, 298 und 299 des Strafgesetzbuchs rechtskräftig verurteilt worden ist. 3 Die Befugnis erteilende Behörde darf diese erhobenen Daten nur verwenden, soweit dies zum Ausschluss der Personen von der Konformitätsbewertung, die Anlass zu der Einsichtnahme in das Führungszeugnis gewesen ist, erforderlich ist. 4 Durch technische und organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass Unbefugte nicht auf die Daten zugreifen können. 5 Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Konformitätsbewertung wahrgenommen wird. 6 Andernfalls sind die Daten spätestens drei Monate nach der Beendigung einer solchen Tätigkeit zu löschen. 7 § 75 Absatz 4 des Bundesdatenschutzgesetzes bleibt unberührt.

(3) Die Befugnis erteilende Behörde und die von ihr beauftragten Personen sind befugt, zu den Betriebs- und Geschäftszeiten Betriebsgrundstücke und Geschäftsräume sowie Prüflaboratorien zu betreten und zu besichtigen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Überwachungsaufgaben erforderlich ist.

(4) 1 Die Auskunftspflichtigen haben die Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 zu dulden. 2 Sie können die Auskunft auf Fragen verweigern, sofern die Beantwortung sie selbst oder einen der in § 383 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. 3 Sie sind über ihr Recht zur Auskunftsverweigerung zu belehren.

Abschnitt 4
Notifizierung von Konformitätsbewertungsstellen

§ 12

Anträge auf Notifizierung

(1) Eine Konformitätsbewertungsstelle kann bei der Befugnis erteilenden Behörde die Befugnis beantragen, als notifizierte Stelle tätig werden zu dürfen.

(2) Dem Antrag nach Absatz 1 legt die Konformitätsbewertungsstelle Folgendes bei:

1. eine Beschreibung der Konformitätsbewertungstätigkeiten, der Konformitätsbewertungsverfahren und der Produkte, für die sie Kompetenz beansprucht, und
2. sofern vorhanden, eine Akkreditierungsurkunde, die von einer nationalen Akkreditierungsstelle ausgestellt wurde und in der diese bescheinigt, dass die Konformitätsbewertungsstelle die Anforderungen des § 13 erfüllt.

(3) Kann die Konformitätsbewertungsstelle keine Akkreditierungsurkunde vorweisen, legt sie der Befugnis erteilenden Behörde als Nachweis alle Unterlagen vor, die erforderlich sind, um überprüfen, feststellen und regelmäßig überwachen zu können, ob sie die Anforderungen des § 13 erfüllt.

§ 13

Anforderungen an die Konformitätsbewertungsstelle für ihre Notifizierung

(1) 1 Die Konformitätsbewertungsstelle muss Rechtspersönlichkeit besitzen. 2 Sie muss selbstständig Verträge abschließen, unbewegliches Vermögen erwerben und darüber verfügen können sowie vor Gericht klagen und verklagt werden können.

(2) 1 Bei der Konformitätsbewertungsstelle muss es sich um einen unabhängigen Dritten handeln, der mit der Einrichtung oder dem Produkt, die oder das er bewertet, in keinerlei Verbindung steht. 2 Die Anforderung nach Satz 1 kann auch von einer Konformitätsbewertungsstelle erfüllt werden, die einem Wirtschaftsverband oder einem Fachverband angehört und die Produkte bewertet, an deren Entwurf, Herstellung, Bereitstellung, Montage, Gebrauch oder Wartung Unternehmen beteiligt sind, die von diesem Verband vertreten werden. 3 Voraussetzung ist, dass die Konformitätsbewertungsstelle nachweist, dass sich aus dieser Verbandsmitgliedschaft keine Interessenkonflikte im Hinblick auf ihre Konformitätsbewertungstätigkeiten ergeben.

(3) 1 Die Konformitätsbewertungsstelle, ihre oberste Leitungsebene und das für die Konformitätsbewertungstätigkeiten zuständige Personal dürfen weder Konstrukteur, Hersteller, Lieferant, Installateur, Käufer, Eigentümer, Verwender oder Wartungsbetrieb der zu bewertenden Produkte noch Bevollmächtigter einer dieser Parteien sein. 2 Dies schließt weder die Verwendung von bereits einer Konformitätsbewertung unterzogenen Produkten, die für die Tätigkeit der Konformitätsbewertungsstelle erforderlich sind, noch die Verwendung solcher Produkte zum persönlichen Gebrauch aus. 3 Die Konformitätsbewertungsstelle, ihre oberste Leitungsebene und das für die Konformitätsbewertungstätigkeiten zuständige Personal dürfen weder direkt an Entwurf, Herstellung oder Bau, Vermarktung, Installation, Verwendung oder Wartung dieser Produkte beteiligt sein, noch dürfen sie die an diesen Tätigkeiten beteiligten Parteien vertreten. 4 Sie dürfen sich nicht mit Tätigkeiten befassen, die ihre Unabhängigkeit bei der Beurteilung oder ihre Integrität im Zusammenhang mit den Konformitätsbewertungstätigkeiten beeinträchtigen können. 5 Dies gilt insbesondere für Beratungsdienstleistungen. 6 Die Konformitätsbewertungsstelle gewährleistet, dass Tätigkeiten ihrer Zweigunternehmen oder Unterauftragnehmer die Vertraulichkeit, Objektivität und Unparteilichkeit ihrer Konformitätsbewertungstätigkeiten nicht beeinträchtigen.

(4) 1 Die Konformitätsbewertungsstelle und ihr Personal haben die Konformitätsbewertungstätigkeiten mit der größtmöglichen Professionalität und der erforderlichen fachlichen Kompetenz in dem betreffenden Bereich durchzuführen. 2 Sie dürfen keinerlei Einflussnahme, insbesondere finanzieller Art, durch Dritte ausgesetzt sein, die sich auf ihre Beurteilung oder auf die Ergebnisse ihrer Konformitätsbewertung auswirken könnte und speziell von Personen oder Personengruppen ausgeht, die ein Interesse am Ergebnis dieser Konformitätsbewertung haben.

(5) 1 Die Konformitätsbewertungsstelle muss in der Lage sein, alle Konformitätsbewertungsaufgaben zu bewältigen, für die sie gemäß ihrem Antrag nach § 12 Absatz 2 die Kompetenz beansprucht, gleichgültig, ob diese Aufgaben von ihr selbst, in ihrem Auftrag oder unter ihrer Verantwortung erfüllt werden. 2 Die Konformitätsbewertungsstelle muss für jedes Konformitätsbewertungsverfahren und für jede Art und Kategorie von Produkten, für die sie einen Antrag nach § 12 Absatz 2 gestellt hat, über Folgendes verfügen:

1. die erforderliche Anzahl von Personal mit Fachkenntnis und hinreichend einschlägiger Erfahrung, um die bei der Konformitätsbewertung anfallenden Aufgaben zu erfüllen,
2. Beschreibungen von Verfahren, nach denen die Konformitätsbewertung durchgeführt wird, um die Transparenz und die Wiederholbarkeit dieser Verfahren sicherzustellen, sowie über eine angemessene Politik und geeignete Verfahren, bei denen zwischen den Aufgaben, die sie als notifizierte Stelle wahrnimmt, und anderen Tätigkeiten unterschieden wird, und
3. Verfahren zur Durchführung von Tätigkeiten unter gebührender Berücksichtigung der Größe eines Unternehmens, der Branche, in der es tätig ist, der Struktur des Unternehmens, des Grades an Komplexität der jeweiligen Produkttechnologie und der Tatsache, dass es sich bei dem Produktionsprozess um eine Massenfertigung oder Serienproduktion handelt.
3 Die Konformitätsbewertungsstelle muss über die erforderlichen Mittel zur angemessenen Erledigung der technischen und administrativen Aufgaben, die mit der Konformitätsbewertung verbunden sind, verfügen. 4 Sie muss Zugang zu allen benötigten Ausrüstungen oder Einrichtungen haben.

(6) Die Konformitätsbewertungsstelle stellt sicher, dass das Personal, das für die Durchführung der Konformitätsbewertungstätigkeiten zuständig ist,

1. eine Fach- und Berufsausbildung besitzt, die es für alle Konformitätsbewertungstätigkeiten qualifiziert, für die die Konformitätsbewertungsstelle einen Antrag nach § 12 gestellt hat,
2. über eine ausreichende Kenntnis der Produkte und der Konformitätsbewertungsverfahren verfügt und die entsprechende Befugnis besitzt, solche Konformitätsbewertungen durchzuführen,
3. angemessene Kenntnisse und Verständnis der wesentlichen Anforderungen, der geltenden harmonisierten Normen und der betreffenden Bestimmungen der Harmonisierungsrechtsvorschriften der Europäischen Union und ihrer Durchführungsvorschriften besitzt und
4. die Fähigkeit zur Erstellung von Bescheinigungen, Protokollen und Berichten als Nachweis für durchgeführte Konformitätsbewertungen hat.

(7) 1 Die Konformitätsbewertungsstelle hat ihre Unparteilichkeit, die ihrer obersten Leitungsebene und die ihres Konformitätsbewertungspersonals sicherzustellen. 2 Die Vergütung der obersten Leitungsebene und des Konformitätsbewertungspersonals darf sich nicht nach der Anzahl der durchgeführten Konformitätsbewertungen oder nach deren Ergebnissen richten.

(8) Die Konformitätsbewertungsstelle hat eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, die die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken angemessen abdeckt.

(9) 1 Das Personal der Konformitätsbewertungsstelle darf die ihnen im Rahmen einer Konformitätsbewertung bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Konformitätsbewertungsstelle oder eines Dritten liegt, nicht unbefugt offenbaren oder verwerten, auch wenn ihre Tätigkeit beendet ist. 2 Die von der Konformitätsbewertungsstelle zu beachtenden Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.

§ 14

Konformitätsvermutung

(1) Weist eine Konformitätsbewertungsstelle durch eine Akkreditierung nach, dass sie die Kriterien der einschlägigen harmonisierten Normen, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, oder von Teilen dieser Normen erfüllt, wird vermutet, dass sie die Anforderungen nach § 13 in dem Umfang erfüllt, in dem die anwendbaren harmonisierten Normen diese Anforderungen abdecken.

(2) 1 Ist die Befugnis erteilende Behörde der Auffassung, dass eine harmonisierte Norm den von ihr abgedeckten Anforderungen nach § 13 nicht vollständig entspricht, so unterrichtet sie hiervon unter Angabe der Gründe die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. 2 Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin überprüft die eingegangenen Meldungen auf Vollständigkeit und Schlüssigkeit und informiert den Ausschuss für Produktsicherheit. 3 Sie leitet die Meldungen dem zuständigen Bundesministerium zur Weitergabe an die Europäische Kommission zu.

§ 15

Erteilung der Befugnis, Notifizierungsverfahren

(1) 1 Hat die Befugnis erteilende Behörde festgestellt, dass eine Konformitätsbewertungsstelle die Anforderungen nach § 13 erfüllt, so erteilt sie dieser die Befugnis, Konformitätsbewertungsaufgaben nach den Rechtsverordnungen nach § 8 Absatz 1, die erlassen wurden, um Rechtsvorschriften der Europäischen Union umzusetzen oder durchzuführen, wahrzunehmen. 2 Anschließend notifiziert die Befugnis erteilende Behörde die Konformitätsbewertungsstelle mit Hilfe des elektronischen Notifizierungsinstruments, das von der Europäischen Kommission entwickelt und verwaltet wird.

(2) 1 Die Befugnis ist unter der aufschiebenden Bedingung zu erteilen, dass weder die Europäische Kommission noch die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union innerhalb folgender Frist Einwände erheben:

1. innerhalb von zwei Wochen nach der Notifizierung, sofern eine Akkreditierungsurkunde nach § 12 Absatz 2 vorliegt, oder
2. innerhalb von zwei Monaten nach der Notifizierung, sofern keine Akkreditierungsurkunde nach § 12 Absatz 2 vorliegt.
2 Die Befugnis kann unter weiteren Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden. 3 Sie kann befristet und mit dem Vorbehalt des Widerrufs sowie dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen erteilt werden.

(3) 1 Beruht die Bestätigung der Kompetenz nicht auf einer Akkreditierungsurkunde gemäß § 12 Absatz 2, legt die Befugnis erteilende Behörde der Europäischen Kommission und den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Unterlagen, die die Kompetenz der Konformitätsbewertungsstelle bestätigen, als Nachweis vor. 2 Sie legt ferner die Vereinbarungen vor, die getroffen wurden, um sicherzustellen, dass die Konformitätsbewertungsstelle regelmäßig überwacht wird und stets den Anforderungen nach § 13 genügt.

(4) Die Befugnis erteilende Behörde meldet der Europäischen Kommission und den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union jede später eintretende Änderung der Notifizierung.

(5) Die Befugnis erteilende Behörde erteilt der Europäischen Kommission auf Verlangen sämtliche Auskünfte über die Grundlage für die Notifizierung oder über die Erhaltung der Kompetenz der betreffenden Stelle.

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