PAG

Polizeiaufgabengesetz

Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Polizei

Vom 14.9.1990

Zuletzt geändert am 23.7.2024

Art. 61a

Besondere technische Mittel zur anlassbezogenen Zusammenführung von Daten

(1) Die Polizei kann zur Gewinnung neuer Erkenntnisse personenbezogene Daten aus verschiedenen eigenen automatisierten Verfahren, mit denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, automatisiert zusammenführen und darauf bezogen weitere nach diesem Gesetz oder besonderen Rechtsvorschriften erhobene personenbezogene Daten verarbeiten, soweit dies erforderlich ist zur Abwehr einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für

1. Leib, Leben oder Freiheit einer Person,
2. den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder
3. Anlagen der kritischen Infrastruktur oder sonstige Anlagen mit unmittelbarer Bedeutung für das Gemeinwesen.
2Soweit personenbezogene Daten verarbeitet werden sollen, die durch den Einsatz technischer Mittel in Wohnungen erhoben wurden, ist dies nur zur Abwehr einer dringenden Gefahr zulässig. 3Die Vorschriften des Art. 48 Abs. 1, 3 und 4, des Art. 53 Abs. 2 sowie des Art. 54 Abs. 2 Satz 1 bleiben unberührt.

(2) Eine Maßnahme nach Abs. 1 Satz 1 kann die Polizei auch treffen, soweit dies erforderlich ist

1. zur Verhütung oder Unterbindung von in § 100b Abs. 2 StPO genannten Straftaten, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte innerhalb eines übersehbaren Zeitraums mit weiteren gleichgelagerten Straftaten zu rechnen ist, oder
2. zur Abwehr einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für
a) die Gesundheit einer Person, soweit nicht zugleich eine Gefahr im Sinn des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 vorliegt,
b) die sexuelle Selbstbestimmung, soweit sie durch Straftatbestände geschützt ist, die im Mindestmaß mit wenigstens drei Monaten Freiheitsstrafe bedroht sind,
c) Eigentums- oder Vermögenswerte, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine drohende gewerbsmäßige oder bandenmäßige Schädigung dieser Rechtsgüter vorliegen, die geeignet ist, den Rechtsfrieden in erheblicher Weise zu stören, oder
d) Kulturgüter von mindestens überregionalem Rang.
2Die Vorschriften des Art. 48 Abs. 1 und 3, des Art. 53 Abs. 2 sowie des Art. 54 Abs. 2 Satz 1 bleiben unberührt. 3Die automatisierte Verarbeitung von DNA-Identifizierungsmustern, Finger- und Handflächenabdrücken oder personenbezogenen Daten, die durch den Einsatz technischer Mittel in Wohnungen oder durch verdeckten Zugriff auf informationstechnische Systeme erhoben wurden, ist unzulässig. 4Satz 3 gilt entsprechend für eine automatisierte Verarbeitung von Audio- und Videodateien. 5Maßnahmen nach den Sätzen 1 bis 4 dürfen nur durch die in Art. 36 Abs. 4 genannten Personen angeordnet werden.

(3) Bei Maßnahmen nach Abs. 2 darf die Polizei automatisiert nur auf personenbezogene Daten folgender eigener automatisierter Verfahren zugreifen:

1. Vorgangsverwaltungs- und Fallbearbeitungssysteme,
2. Informations- und Fahndungssysteme,
3. Kommunikationssysteme und
4. Einsatzleit- und Einsatzdokumentationssysteme.

(4) 1Das für die Durchführung der Maßnahmen nach den Abs. 1 und 2 eingesetzte Personal ist besonders auszuwählen und zu schulen. 2Durch technische und organisatorische Maßnahmen sind die Zugriffsmöglichkeiten des eingesetzten Personals auf die gemäß den Abs. 1 und 2 zur Verfügung stehenden personenbezogenen Daten auf das erforderliche Maß zu beschränken. 3Die Anzeige der Ergebnisse ist auf mit den Suchparametern übereinstimmende Treffer zu beschränken. 4Das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Abs. 1 und 2 ist zu dokumentieren. 5Das Vorgehen bei Maßnahmen nach den Abs. 1 und 2 ist zu protokollieren.

(5) Bei Anwendung von Maßnahmen nach den Abs. 1 und 2 sind nicht zulässig:

1. eine automatisierte Entscheidungsfindung im Sinn von Art. 11 der Richtlinie (EU) 2016/680,
2. eine Verwendung selbstlernender Systeme oder
3. der unmittelbare automatisierte Abgleich von personenbezogenen Daten aus der Allgemeinheit offenstehenden Netzwerken.