PAG

Polizeiaufgabengesetz

Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Polizei

Vom 14.9.1990 (GVBl. S. 397, BayRS 2012-1-1-I)

Zuletzt geändert am 23.7.2024 (GVBl. S. 247)

Geltungsbereich: Bayern (BY)

I. Abschnitt
Allgemeine Vorschriften
Art. 1Begriff der Polizei
II. Abschnitt
Befugnisse der Polizei
Art. 11Allgemeine Befugnisse
III. Abschnitt
Datenverarbeitung
1. Unterabschnitt
Datenerhebung
Art. 30Allgemeine Grundsätze
2. Unterabschnitt
Besondere Befugnisse und Maßnahmen der Datenerhebung
Art. 33Offener Einsatz technischer Mittel
3. Unterabschnitt
Datenspeicherung, -übermittlung und sonstige Datenverarbeitung
Art. 53Allgemeine Regeln der Datenspeicherung und sonstigen Datenverarbeitung
4. Unterabschnitt
Anwendung des Bayerischen Datenschutzgesetzes
Art. 66Anwendung des Bayerischen Datenschutzgesetzes
IV. Abschnitt
Vollzugshilfe
Art. 67Vollzugshilfe
V. Abschnitt
Zwang
1. Unterabschnitt
Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen
Art. 70Zulässigkeit des Verwaltungszwangs
2. Unterabschnitt
Anwendung unmittelbaren Zwangs
Art. 77Rechtliche Grundlagen
VI. Abschnitt
Entschädigungs-, Erstattungs- und Ersatzansprüche
Art. 87Entschädigungsanspruch
VII. Abschnitt
Opferschutz
Art. 91Opferschutzmaßnahmen
IX. Abschnitt
Richtervorbehalte; gerichtliches Verfahren
Art. 94Richtervorbehalte
X. Abschnitt
Schlussbestimmungen
Art. 100Einschränkung von Grundrechten

Art. 36

Besondere Mittel der Datenerhebung

(1) Besondere Mittel der Datenerhebung sind

1. die planmäßig angelegte Beobachtung einer Person, die durchgehend länger als 24 Stunden oder an mehr als zwei Tagen durchgeführt werden soll (längerfristige Observation),
2. der verdeckte Einsatz technischer Mittel
a) zum Abhören oder zur Aufzeichnung des außerhalb von Wohnungen nichtöffentlich gesprochenen Wortes,
b) zur Feststellung des Standortes oder der Bewegungen einer Person oder einer beweglichen Sache, mit dem Ziel der Erstellung eines Bewegungsbildes,
c) zur Feststellung des Standortes oder der Bewegung einer Person oder einer beweglichen Sache, ohne dass ein Bewegungsbild erstellt werden soll,
d) zur Anfertigung von Bildaufzeichnungen außerhalb von Wohnungen, auch unter Verwendung von Systemen zur automatischen Erkennung und Auswertung von Mustern im Sinn von Art. 33 Abs. 5 und zum automatischen Datenabgleich,
e) zur Anfertigung von Bildaufnahmen außerhalb von Wohnungen, auch unter Verwendung von Systemen zur automatischen Erkennung und Auswertung von Mustern im Sinn von Art. 33 Abs. 5 und zum automatischen Datenabgleich.

(2) 1 Die Polizei kann zur Abwehr einer Gefahr oder einer drohenden Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut personenbezogene Daten mit den besonderen Mitteln nach Abs. 1 erheben über

1. die hierfür Verantwortlichen,
2. Kontakt- und Begleitpersonen, wenn bestimmte Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass sie mit der Gefahrenlage in Zusammenhang stehen oder
3. unter den Voraussetzungen des Art. 10 über die dort genannten Personen, wenn andernfalls die Erfüllung polizeilicher Aufgaben gefährdet oder wesentlich erschwert würde.
2 Datenerhebungen dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(3) Maßnahmen unter Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung nach Abs. 1 Nr. 1 und 2 Buchst. a und b dürfen nur durch den Richter angeordnet werden.

(4) 1 Abgesehen von der Anfertigung von einzelnen Lichtbildern dürfen Maßnahmen unter Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung nach Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c und d nur durch den Leiter des Landeskriminalamtes oder eines Präsidiums der Landespolizei angeordnet werden. 2 Diese Anordnungsbefugnis kann auf Polizeivollzugsbeamte, die die Ausbildungsqualifizierung für die Ämter ab der vierten Qualifikationsebene absolviert haben, oder Beamte mit der Befähigung zum Richteramt, die in Ämter ab der vierten Qualifikationsebene, fachlicher Schwerpunkt Polizeivollzugsdienst gewechselt sind, übertragen werden.

(5) 1 Maßnahmen nach Abs. 1 Nr. 2 können auch zum Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Personen (Personenschutzmaßnahme) erfolgen. 2 Soweit sie ausschließlich zum Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Personen erfolgen, werden sie abweichend von den Abs. 3 und 4 durch den Leiter des Landeskriminalamtes oder eines Präsidiums der Landespolizei oder durch einen vom Leiter des Landeskriminalamtes oder eines Präsidiums der Landespolizei bestellten Beauftragten der Behörde oder den verantwortlichen Einsatzleiter angeordnet.

(6) 1 In den Fällen des Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und c gelten Art. 34 Abs. 2 Satz 2 sowie Art. 49 Abs. 3 entsprechend, soweit die Maßnahme nicht ausschließlich als Personenschutzmaßnahme erfolgt. 2 Im Fall des Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b gilt Art. 34 Abs. 3 entsprechend.

(7) 1 In der schriftlichen Anordnung von Maßnahmen nach Abs. 3 bis 5 sind Adressat und Art sowie einzelfallabhängig Umfang und Dauer der Maßnahme zu bestimmen und die wesentlichen Gründe anzugeben. 2 Die jeweilige Maßnahme ist auf höchstens drei Monate zu befristen und kann um jeweils längstens drei Monate verlängert werden.

Art. 37

Einsatz Verdeckter Ermittler

(1) 1 Die Polizei kann personenbezogene Daten unter den Voraussetzungen und nach Maßgabe des Art. 36 Abs. 2 Satz 1 durch den Einsatz von Polizeibeamten unter einer Legende (Verdeckte Ermittler) erheben. 2 Derartige Datenerhebungen dürfen auch erfolgen, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind.

(2) 1 Richtet sich der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers gegen eine bestimmte Person oder soll eine nicht allgemein zugängliche Wohnung betreten werden, dürfen die Maßnahmen nur durch den Richter angeordnet werden. 2 Art. 36 Abs. 7 Satz 1 gilt entsprechend. 3 Die Anordnung ist auf höchstens sechs Monate zu befristen und kann um jeweils längstens sechs Monate verlängert werden.

(3) 1 In anderen als den in Abs. 2 Satz 1 genannten Fällen dürfen die Maßnahmen nur durch die in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 genannten Personen angeordnet werden. 2 Art. 36 Abs. 7 Satz 1 gilt entsprechend. 3 Die Anordnung ist auf höchstens sechs Monate zu befristen und kann um jeweils längstens sechs Monate verlängert werden.

(4) 1 Soweit es für den Aufbau und die Aufrechterhaltung der Legende erforderlich ist, dürfen entsprechende Urkunden hergestellt, verändert oder gebraucht werden. 2 Ein Verdeckter Ermittler darf mit Einverständnis des Berechtigten unter der Legende dessen Wohnung betreten. 3 Er darf zur Erfüllung seines Auftrages unter der Legende am Rechtsverkehr teilnehmen. 4 Die Sätze 1 und 3 gelten entsprechend für

1. das Auftreten und Handlungen eines Verdeckten Ermittlers in elektronischen Medien und Kommunikationseinrichtungen sowie
2. die polizeilichen Führungspersonen eines Verdeckten Ermittlers, soweit dies zur Vorbereitung, Durchführung, Lenkung oder Absicherung von dessen Einsatz erforderlich ist.
5 Im Übrigen richten sich die Befugnisse eines Verdeckten Ermittlers nach den sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes und der StPO.

Art. 38

Einsatz von Vertrauenspersonen

(1) 1 Die Polizei kann personenbezogene Daten unter den Voraussetzungen und nach Maßgabe des Art. 36 Abs. 2 Satz 1 durch den Einsatz von Privatpersonen erheben, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist (Vertrauenspersonen), wenn dies im Einzelfall zur Gefahrenabwehr erforderlich ist. 2 Ein solcher Einsatz liegt nicht vor, soweit sich eine, auch wiederkehrende, polizeiliche Datenerhebung auf die Erlangung von bei dieser Person bereits vorhandenen und von dieser angebotenen Daten beschränkt. 3 Datenerhebungen nach Satz 1 dürfen auch erfolgen, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(2) 1 Richtet sich der Einsatz einer Vertrauensperson gegen eine bestimmte Person oder soll eine nicht allgemein zugängliche Wohnung betreten werden, dürfen die Maßnahmen nur durch den Richter angeordnet werden. 2 Die Art. 36 Abs. 7 Satz 1 und Art. 37 Abs. 2 Satz 3 gelten entsprechend. 3 Die Anordnung kann insbesondere auch nähere Maßgaben zur Führung der Vertrauensperson enthalten.

(3) 1 In anderen als den in Abs. 2 Satz 1 genannten Fällen dürfen die Maßnahmen nur durch die in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 genannten Personen angeordnet werden. 2 Die Art. 36 Abs. 7 Satz 1 und Art. 37 Abs. 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(4) Vertrauenspersonen dürfen insbesondere nicht eingesetzt werden, um

1. in einer Person, die nicht zur Begehung von Straftaten bereit ist, den Entschluss zu wecken, solche zu begehen,
2. eine Person zur Begehung einer über ihre erkennbare Bereitschaft hinausgehenden Straftat zu bestimmen oder
3. Daten mit Mitteln oder Methoden zu erheben, die die Polizei nicht einsetzen dürfte.

(5) Als Vertrauensperson darf nicht eingesetzt werden, wer

1. nicht voll geschäftsfähig, insbesondere minderjährig ist,
2. an einem Aussteigerprogramm teilnimmt,
3. Mitglied des Europäischen Parlaments, des Deutschen Bundestages, eines Landesparlaments oder diesbezüglicher Mitarbeiter eines solchen Mitglieds ist oder
4. im Bundeszentralregister mit einer Verurteilung als Täter eines Totschlags (§§ 212, 213 des Strafgesetzbuchs – StGB) oder einer allein mit lebenslanger Haft bedrohten Straftat eingetragen ist.

(6) 1 Eine Vertrauensperson ist fortlaufend auf ihre Zuverlässigkeit zu überprüfen. 2 Die von der Vertrauensperson bei einem Einsatz gewonnenen Informationen sind unverzüglich auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. 3 Ergeben sich begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit, ist der Einsatz nicht durchzuführen oder zu beenden. 4 Bei der Prüfung der Zuverlässigkeit ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die einzusetzende Vertrauensperson

1. von den Geld- und Sachzuwendungen für die Tätigkeit auf Dauer als überwiegende Lebensgrundlage abhängen würde oder
2. im Bundeszentralregister mit einer Verurteilung wegen eines Verbrechens oder zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde, eingetragen ist.

(7) Art. 37 Abs. 4 Satz 1 und 3 findet auf die polizeilichen Führungspersonen einer Vertrauensperson Anwendung, soweit dies zur Vorbereitung, Durchführung, Lenkung oder Absicherung ihres Einsatzes erforderlich ist.

Art. 39

Automatisierte Kennzeichenerkennungssysteme

(1) 1 Die Polizei kann durch den verdeckten Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme bei Vorliegen entsprechender Lageerkenntnisse in den Fällen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 Kennzeichen von Kraftfahrzeugen sowie Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung erfassen. 2 Das gilt im Fall des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a jedoch nur bei einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut und im Fall des Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 bei Durchgangsstraßen nur, soweit Europastraßen oder Bundesfernstraßen betroffen sind. 3 Zulässig ist der Abgleich der Kennzeichen mit polizeilichen Fahndungsbeständen, die erstellt wurden

1. über Kraftfahrzeuge oder Kennzeichen,
a) die durch Straftaten oder sonst abhandengekommen sind oder
b) hinsichtlich derer auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie bei der Begehung von Straftaten benutzt werden,
2. über Personen, die ausgeschrieben sind
a) zur polizeilichen Beobachtung, gezielten Kontrolle oder verdeckten Registrierung,
b) aus Gründen der Strafverfolgung, Strafvollstreckung, Auslieferung oder Überstellung,
c) zum Zweck der Durchführung ausländerrechtlicher Maßnahmen,
d) wegen gegen sie veranlasster polizeilicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr.
Ein Abgleich mit polizeilichen Dateien, die zur Abwehr von im Einzelfall oder im Hinblick auf bestimmte Ereignisse allgemein bestehenden Gefahren errichtet wurden, ist nur zulässig, wenn dies zur Abwehr einer solchen Gefahr erforderlich ist und diese Gefahr Anlass für die Kennzeichenerfassung war. 4 Die Kennzeichenerfassung darf nicht flächendeckend eingesetzt werden.

(2) 1 Maßnahmen nach Abs. 1 dürfen nur von den in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 genannten Personen angeordnet werden. 2 In der schriftlichen Anordnung sind Adressat und Art, einzelfallabhängig Umfang und Dauer der Maßnahme sowie die Auswahl der Fahndungsbestände oder Dateien zu bestimmen und die wesentlichen Gründe einschließlich der zugrundeliegenden Lageerkenntnisse anzugeben.

(3) 1 Die nach Abs. 1 erfassten Kennzeichen sind nach Durchführung des Datenabgleichs unverzüglich zu löschen, soweit nicht ein Kennzeichen in den abgeglichenen Fahndungsbeständen oder Dateien enthalten ist. 2 Außer in den Fällen des Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Buchst. a dürfen Einzelerfassungen nicht zu einem Bewegungsbild verbunden werden. 3 Abgleiche nach Abs. 1 dürfen nicht protokolliert werden.

Art. 40

Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung

(1) Unbeschadet der Möglichkeiten zur Ausschreibung nach dem Recht der Europäischen Union kann die Polizei personenbezogene Daten, insbesondere die Personalien einer Person sowie Kennzeichen eines von ihr benutzten Fahrzeugs, zur polizeilichen Beobachtung oder gezielten Kontrolle ausschreiben, wenn

1. die Gesamtwürdigung der Person einschließlich ihrer bisher begangenen Straftaten erwarten lässt, dass von ihr auch künftig eine Gefahr für bedeutende Rechtsgüter ausgeht,
2. sie für eine drohende Gefahr für bedeutende Rechtsgüter verantwortlich ist oder
3. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass es sich um eine mutmaßlich mit der Gefahrenlage im Zusammenhang stehende Kontaktperson einer Person nach Nr. 1 oder Nr. 2 handelt.

(2) 1 Im Fall eines Antreffens der Personen im Sinn des Abs. 1 Nr. 1 bis 3 oder des Fahrzeugs können Erkenntnisse über das Antreffen sowie über mutmaßlich in Zusammenhang mit der Gefahrenlage stehende Begleitpersonen, Fahrzeugführer und mitgeführte Sachen an die ausschreibende Polizeidienststelle übermittelt werden. 2 Ist die Ausschreibung zur gezielten Kontrolle erfolgt, gilt dies insbesondere auch für die aus Maßnahmen nach den Art. 13, 21 und 22 gewonnenen Erkenntnisse.

(3) 1 Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung oder gezielten Kontrolle darf nur durch die in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 genannten Personen angeordnet werden. 2 Art. 36 Abs. 7 Satz 1 gilt entsprechend. 3 Die Maßnahme ist auf höchstens ein Jahr zu befristen und kann um jeweils längstens ein Jahr verlängert werden.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Anordnung nicht mehr vor, ist der Zweck der Maßnahme erreicht oder zeigt sich, dass er nicht erreicht werden kann, ist die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung oder gezielten Kontrolle unverzüglich zu löschen.

Art. 41

Einsatz technischer Mittel in Wohnungen

(1) 1 Die Polizei kann auf Anordnung durch den Richter durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen (Art. 23 Abs. 1 Satz 2) personenbezogene Daten über die für eine Gefahr Verantwortlichen erheben, wenn dies erforderlich ist zur Abwehr einer dringenden Gefahr für ein in Art. 11a Abs. 2 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 genanntes bedeutendes Rechtsgut. 2 Eine Maßnahme nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn und soweit die dort genannten Gefahren nicht anders abgewehrt werden können und

1. falls zu privaten Wohnzwecken genutzte Räumlichkeiten betroffen sind, in denen sich die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, allein oder ausschließlich mit engsten Familienangehörigen, mit in gleicher Weise Vertrauten oder mit Berufsgeheimnisträgern nach den §§ 53, 53a StPO aufhält,
a) tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass Gespräche geführt werden, die einen unmittelbaren Bezug zu den in Satz 1 genannten Gefahren haben, ohne dass über ihren Inhalt das Zeugnis nach den §§ 53, 53a StPO verweigert werden könnte, oder
b) die Maßnahme sich auch gegen die Familienangehörigen, Vertrauten oder Berufsgeheimnisträger richtet, oder
2. falls sich die Maßnahme gegen einen Berufsgeheimnisträger nach den §§ 53, 53a StPO selbst richtet und die zu seiner Berufsausübung bestimmten Räumlichkeiten betroffen sind, die Voraussetzungen der Nr. 1 Buchst. a vorliegen.
3 Die Daten können erhoben werden, indem das nichtöffentlich gesprochene Wort abgehört oder aufgezeichnet oder Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen, auch unter Verwendung von Systemen zur automatischen Steuerung, angefertigt werden. 4 Wort- und bildbezogene Maßnahmen dürfen nur dann gemeinsam erfolgen, wenn die Abwehr der Gefahr auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(2) 1 In den Fällen des Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 ist eine nur automatische Aufzeichnung nicht zulässig. 2 Soweit begründete Zweifel bestehen, ob ein Fall des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 vorliegt, oder wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass Gespräche geführt werden, die einen unmittelbaren Bezug zu den in Abs. 1 Satz 1 genannten Gefahren haben, darf eine Maßnahme nach Abs. 1 Satz 1 in Form einer ausschließlich automatischen Aufzeichnung fortgeführt werden.

(3) 1 Die Maßnahme darf nur in den Wohnungen des Adressaten durchgeführt werden. 2 In Wohnungen anderer Personen ist die Maßnahme zulässig, wenn es nicht Wohnungen von Berufsgeheimnisträgern nach §§ 53, 53a StPO sind und auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass

1. der in der Anordnung bezeichnete Adressat sich dort aufhält,
2. die Maßnahme in Wohnungen des Adressaten allein zur Abwehr der Gefahr oder der Straftat nicht möglich oder nicht ausreichend ist und
3. Informationen gewonnen werden können, die für die Abwehr der Gefahr von Bedeutung sind.
3 Die Maßnahme darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind.

(4) 1 In der schriftlichen Anordnung nach Abs. 1 Satz 1 sind Adressat, Art, Umfang und Dauer der Maßnahme zu bestimmen und die wesentlichen Gründe anzugeben. 2 Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 darf die Anordnung auch zum verdeckten Betreten und Durchsuchen der Wohnung des Betroffenen ermächtigen, soweit dies zur Durchführung einer Maßnahme nach Abs. 1 erforderlich ist. 3 Die Maßnahme ist einzelfallabhängig auf höchstens einen Monat zu befristen und kann um jeweils längstens einen Monat verlängert werden.

(5) 1 Personenbezogene Daten, die durch Maßnahmen nach Abs. 1 erlangt wurden, dürfen nur verarbeitet werden, soweit die hierfür eingerichtete unabhängige Stelle oder, soweit dieses angerufen wurde, das zuständige Gericht sie freigegeben hat. 2 Zur Herbeiführung ihrer Entscheidung sind der unabhängigen Stelle die erhobenen Daten vollständig vorzulegen, in den Fällen des Abs. 2 Satz 2 möglichst bereits ohne vorhergehende inhaltliche Kenntnisnahme. 3 Die unabhängige Stelle gibt die Daten für die Weiterverarbeitung durch die Polizei frei, soweit sie nicht dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind. 4 Nicht freigegebene Daten löscht die unabhängige Stelle, sobald die Frist für einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung der von ihr getroffenen Entscheidung abgelaufen ist, ohne dass ein entsprechender Antrag gestellt wurde, oder das zuständige Gericht die Löschung angeordnet hat. 5 Löschungen sind zu dokumentieren. 6 Bei Gefahr im Verzug kann die Entscheidung nach Satz 1 auch durch die in Art. 36 Abs. 4 Satz 1 und 2 genannten Personen getroffen werden. 7 Für die nachträgliche Kontrolle der Entscheidung durch die unabhängige Stelle gilt Art. 95 Abs. 5 sinngemäß.

(6) 1 Erfolgt die Anordnung eines verdeckten Einsatzes technischer Mittel in Wohnungen ausschließlich als Personenschutzmaßnahme, gilt Art. 36 Abs. 5 Satz 2 entsprechend. 2 Außer in Fällen der Gefahr im Verzug ist eine anderweitige Verwendung der hierbei erlangten Erkenntnisse zu Zwecken der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung erst zulässig, wenn zuvor die Rechtsmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist. 3 Aufzeichnungen aus einem solchen Einsatz sind unverzüglich nach Beendigung des Einsatzes zu löschen, soweit sie nicht zur Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr benötigt werden.

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