GlüStV 2021

Glücksspielstaatsvertrag 2021

Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland

Vom 29.10.2020

Zuletzt geändert am 24.3.2022

Zweiter Abschnitt Aufgaben des Staates

§ 9

Glücksspielaufsicht

(1) 1Die Glücksspielaufsicht hat die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. 2Die für alle Länder oder in dem jeweiligen Land zuständige Behörde kann die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann unbeschadet sonstiger in diesem Staatsvertrag und anderen gesetzlichen Bestimmungen vorgesehener Maßnahmen insbesondere

1. jederzeit Auskunft und Vorlage aller Unterlagen, Daten und Nachweise verlangen, die zur Prüfung im Rahmen des Satzes 1 erforderlich sind, sowie zum Zwecke dieser Prüfung während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten die Geschäftsräume und -grundstücke betreten, in denen öffentliches Glücksspiel veranstaltet oder vermittelt wird,
2. Anforderungen an die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele und die Werbung hierfür sowie an die Entwicklung und Umsetzung des Sozialkonzepts stellen,
3. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen,
4. den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen, ohne dass es einer vorherigen Inanspruchnahme des Veranstalters oder Vermittlers von öffentlichen Glücksspielen durch die Glücksspielaufsicht bedarf; dies gilt auch in den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 3; und
5. nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote Maßnahmen zur Sperrung dieser Angebote gegen im Sinne der §§ 8 bis 10 des Telemediengesetzes verantwortliche Diensteanbieter, insbesondere Zugangsvermittler und Registrare, ergreifen, sofern sich Maßnahmen gegenüber einem Veranstalter oder Vermittler dieses Glücksspiels als nicht durchführbar oder nicht erfolgversprechend erweisen; diese Maßnahmen können auch erfolgen, wenn das unerlaubte Glücksspielangebot untrennbar mit weiteren Inhalten verbunden ist.
4Das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes) wird durch die Regelung nach Satz 3 Nummer 5 eingeschränkt. 5Hierdurch sind Telekommunikationsvorgänge im Sinne des § 88 Absatz 3 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes betroffen.

(1a) 1 2Sofern unerlaubtes Glücksspiel in mehreren Ländern veranstaltet oder vermittelt wird oder dafür in mehreren Ländern geworben oder in sonstiger Weise gegen öffentlich-rechtliche Verpflichtungen im Sinne des Satzes 1 verstoßen wird, kann jedes betroffene Land die zuständige Behörde eines anderen Landes ermächtigen, auch mit Wirkung für das betroffene Land die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall zu erlassen und zu vollstrecken. 3Die Vollstreckung richtet sich nach dem Recht des ermächtigten Landes.

(2) 1Widerspruch und Klage gegen Anordnungen nach den Absätzen 1 und 1a haben keine aufschiebende Wirkung. 2Im Falle der Vollstreckung von Anordnungen nach den Absätzen 1 und 1a mittels Zwangsgeld soll dieses das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen. 3Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden. 4Das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen.

(2a) 1 2Zur Erfüllung ihrer Aufgaben können die Glücksspielaufsichtsbehörden Testkäufe oder Testspiele durchführen, die nicht als Maßnahmen der Glücksspielaufsicht erkennbar sind. 3Die Mitarbeiter der Glücksspielaufsicht dürfen zu diesem Zweck unter einer auf Dauer angelegten veränderten Identität (Legende) am Rechtsverkehr teilnehmen. 4Dazu können geeignete Urkunden hergestellt, beschafft und verwendet sowie erforderliche Eintragungen in Register, Bücher oder Dateien vorgenommen werden. 5Testkäufe oder Testspiele mit minderjährigen Personen dürfen durch die Glücksspielaufsichtsbehörden in Erfüllung ihrer Aufsichtsaufgaben durchgeführt werden. 6Für die den Testkauf oder das Testspiel durchführende Person gilt das Glücksspiel nicht als unerlaubtes Glücksspiel.

(3) 1Die Länder arbeiten bei der Glücksspielaufsicht zusammen; sie können auch mit den zuständigen Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zusammenarbeiten und zu diesem Zweck Daten austauschen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. 2Soweit nach diesem Staatsvertrag nichts anderes bestimmt ist, stimmen die Länder die Erlaubnisse für die in § 10 Absatz 2 genannten Veranstalter im Benehmen ab.

(3a) 1 2Die zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörden arbeiten im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben insbesondere mit den Strafverfolgungsbehörden, den Landesmedienanstalten, der Bundesnetzagentur, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und dem Bundeskartellamt zusammen und können, soweit dies erforderlich ist, zu diesem Zweck Daten austauschen. 3Dies gilt für die Landesmedienanstalten im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit den Glücksspielaufsichtsbehörden entsprechend.

(4) 1Soweit in diesem Staatsvertrag nichts anderes bestimmt ist, wird die Erlaubnis von der zuständigen Behörde für das Gebiet des jeweiligen Landes oder einen Teil dieses Gebietes erteilt. 2Sie ist widerruflich zu erteilen und zu befristen. 3Sie kann, auch nachträglich, mit Nebenbestimmungen versehen werden. 4Die Erlaubnis ist weder übertragbar noch kann sie einem Anderen zur Ausübung überlassen werden.

(5) Die Erlaubnis zur Einführung neuer Glücksspielangebote durch die in § 10 Absatz 2 und 3 genannten Veranstalter setzt voraus, dass

1. der Fachbeirat (§ 10 Absatz 1 Satz 2) zuvor die Auswirkungen des neuen Angebotes unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 auf die Bevölkerung untersucht und bewertet hat und
2. der Veranstalter im Anschluss an die Einführung dieses Glücksspiels der Erlaubnisbehörde über die sozialen Auswirkungen des neuen Angebotes berichtet.
2Neuen Glücksspielangeboten steht die Einführung neuer oder die erhebliche Erweiterung bestehender Vertriebswege durch Veranstalter oder Vermittler gleich.

(6) 1Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Personengesellschaft sowie Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den zuständigen Behörden, ihren Organen, ihren Bediensteten oder von ihnen beauftragten Dritten im Rahmen der Durchführung ihrer Aufgabenerfüllung anvertraut oder sonst bekannt geworden sind, dürfen nicht unbefugt offenbart werden. 2Soweit personenbezogene Daten verarbeitet werden, finden die in dem jeweiligen Land geltenden Datenschutzbestimmungen Anwendung.

(7) Die Glücksspielaufsicht darf nicht durch eine Behörde ausgeübt werden, die für die Finanzen des Landes oder die Beteiligungsverwaltung der in § 10 Absatz 2 und 3 genannten Veranstalter zuständig ist.

(8) 1Die zuständige Behörde veröffentlicht im Internet eine gemeinsame amtliche Liste, in der die Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen aufgeführt werden, die über eine Erlaubnis oder Konzession nach diesem Staatsvertrag verfügen. Nicht aufgeführt werden

1. Spielhallenbetreiber und Aufsteller von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit nach der Spielverordnung in der jeweils geltenden Fassung,
2. die Annahmestellen der Veranstalter nach § 10 Absatz 2,
3. gewerbliche Spielvermittler, die nur in einem Land tätig sind,
4. örtliche Verkaufsstellen der Lotterieeinnehmer der Gemeinsamen Klassenlotterie der Länder,
5. Anbieter von kleinen Lotterien nach § 18,
6. Betreiber von örtlichen Wettvermittlungsstellen,
7. Totalisatoren und Buchmacher im Sinne des Rennwett- und Lotteriegesetzes.
3Die Liste wird anlassbezogen, mindestens jedoch einmal monatlich, aktualisiert. 4Die zuständige Behörde erteilt auf Anfrage Auskünfte zum aktuellen Stand der Liste. 5Die obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder teilen der zuständigen Behörde vorzunehmende Änderungen der Liste, die ihren Zuständigkeitsbereich betreffen, unverzüglich mit.