KnowHowRL

Know-How-Richtlinie

Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-Hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung

Vom 8.6.2016

Art. 9

Wahrung der Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen im Verlauf von Gerichtsverfahren

(1) 1Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Parteien, ihre Rechtsanwälte oder sonstigen Vertreter, Gerichtsbedienstete, Zeugen, Sachverständige und alle sonstigen Personen, die an einem Gerichtsverfahren beteiligt sind, das den rechtswidrigen Erwerb oder die rechtswidrige Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses zum Gegenstand hat, oder die Zugang zu Dokumenten haben, die Teil eines solchen Gerichtsverfahrens sind, nicht befugt sind, ein Geschäftsgeheimnis oder ein angebliches Geschäftsgeheimnis zu nutzen oder offenzulegen, das von den zuständigen Gerichten aufgrund eines ordnungsgemäß begründeten Antrags einer interessierten Partei als vertraulich eingestuft worden ist und von dem sie aufgrund der Teilnahme an dem Verfahren oder des Zugangs zu den Dokumenten Kenntnis erlangt haben. 2Die Mitgliedstaaten können ferner die zuständigen Gerichte ermächtigen, solche Maßnahmen von Amts wegen zu ergreifen. 3Die in Unterabsatz 1 genannte Verpflichtung besteht auch nach Abschluss des Gerichtsverfahrens weiter fort. Die Verpflichtung endet jedoch, wenn eine der folgenden Situationen eintritt:

a) Im Rahmen einer rechtskräftigen Entscheidung wird festgestellt, dass das angebliche Geschäftsgeheimnis nicht die in Artikel 2 Nummer 1 genannten Kriterien erfüllt, oder
b) im Laufe der Zeit werden die in Frage stehenden Informationen für Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit der betreffenden Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich.

(2) 1Die Mitgliedstaaten stellen des Weiteren sicher, dass die zuständigen Gerichte auf ordnungsgemäß begründeten Antrag einer Partei spezifische Maßnahmen treffen können, die erforderlich sind, um die Vertraulichkeit eines Geschäftsgeheimnisses oder eines angeblichen Geschäftsgeheimnisses zu wahren, das im Laufe eines Gerichtsverfahrens im Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Erwerb oder der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses genutzt oder auf das in diesem Rahmen Bezug genommen wird. 2Die Mitgliedstaaten können ferner die zuständigen Gerichte ermächtigen, solche Maßnahmen von Amts wegen zu ergreifen. Die in Unterabsatz 1 genannten Maßnahmen sehen mindestens die Möglichkeit vor,

a) den Zugang zu von den Parteien oder Dritten vorgelegten Dokumenten, die Geschäftsgeheimnisse oder angebliche Geschäftsgeheimnisse enthalten, ganz oder teilweise auf eine begrenzte Anzahl von Personen zu beschränken;
b) den Zugang zu Anhörungen, bei denen unter Umständen Geschäftsgeheimnisse oder angebliche Geschäftsgeheimnisse offengelegt werden, und zu der entsprechenden Aufzeichnung oder Mitschrift dieser Anhörungen auf eine begrenzte Anzahl von Personen zu beschränken;
c) Personen, die nicht der begrenzten Anzahl von Personen nach den Buchstaben a und b angehören, eine nicht vertrauliche Fassung einer gerichtlichen Entscheidung bereitzustellen, in der die Geschäftsgeheimnisse enthaltenden Passagen gelöscht oder geschwärzt wurden.
4Die Anzahl der Personen nach Unterabsatz 2 Buchstaben a und b darf nicht größer sein, als zur Wahrung des Rechts der Verfahrensparteien auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren erforderlich ist, und muss mindestens eine natürliche Person jeder Partei und ihre jeweiligen Rechtsanwälte oder sonstigen Vertreter dieser Gerichtsverfahrensparteien umfassen.

(3) Bei der Entscheidung über die Maßnahmen gemäß Absatz 2 und der Beurteilung ihrer Verhältnismäßigkeit berücksichtigen die zuständigen Gerichte die Notwendigkeit, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren zu gewährleisten, die legitimen Interessen der Parteien und gegebenenfalls etwaiger Dritter sowie den möglichen Schaden, der einer der Parteien und gegebenenfalls etwaigen Dritten durch die Gewährung oder Ablehnung dieser Maßnahmen entstehen kann.

(4) Jede Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß den Absätzen 1, 2 oder 3 erfolgt gemäß der Richtlinie 95/46/EG.