§ 3
Herkunftslandprinzip
(1)
Diensteanbieter und ihre digitalen Dienste, die nach § 2 in Deutschland niedergelassen sind, unterliegen den Anforderungen des deutschen Rechts auch dann, wenn die digitalen Dienste innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/EG und der Richtlinie 2010/13/EU in einem anderen Mitgliedstaat geschäftsmäßig angeboten oder verbreitet werden, soweit nicht die Verordnung (EU) 2022/2065 unmittelbar gilt.
(2)
Der freie Verkehr von digitalen Diensten, die innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinien 2000/31/EG und 2010/13/EU in Deutschland von Diensteanbietern, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, geschäftsmäßig angeboten oder verbreitet werden, wird vorbehaltlich der Absätze 5 bis 7 nicht eingeschränkt.
(3)
Von den Absätzen 1 und 2 bleiben unberührt:
1.
die Freiheit der Rechtswahl,
2.
die Vorschriften für vertragliche Schuldverhältnisse in Bezug auf Verbraucherverträge,
3.
gesetzliche Vorschriften über die Form des Erwerbs von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie über die Form der Begründung, Übertragung, Änderung oder Aufhebung von dinglichen Rechten an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten und
4.
das für den Schutz personenbezogener Daten geltende Recht.
(4)
Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für
1.
die Tätigkeit von Notaren sowie von Angehörigen anderer Berufe, soweit diese ebenfalls hoheitlich tätig sind,
2.
die Vertretung von Mandanten und die Wahrnehmung ihrer Interessen vor Gericht,
3.
die Zulässigkeit nicht angeforderter kommerzieller Kommunikationen durch elektronische Post,
4.
Gewinnspiele mit einem einen Geldwert darstellenden Einsatz bei Glücksspielen, einschließlich Lotterien und Wetten,
5.
die Anforderungen an Verteildienste,
6.
das Urheberrecht, verwandte Schutzrechte, Rechte im Sinne der Richtlinie 87/54/EWG des Rates vom 16. Dezember 1986 über den Rechtsschutz der Topographien von Halbleitererzeugnissen (ABl. L 24 vom 27.1.1987, S. 36) und der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77 vom 27.3.1996, S. 20) sowie für gewerbliche Schutzrechte,
7.
die Ausgabe elektronischen Geldes durch Institute, die gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 2000/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten (ABl. L 275 vom 27.10.2000, S. 39) von der Anwendung einiger oder aller Vorschriften dieser Richtlinie und von der Anwendung der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. L 126 vom 25.5.2000, S. 1) freigestellt sind,
8.
Vereinbarungen oder Verhaltensweisen, die dem Kartellrecht unterliegen,
9.
Bereiche, die erfasst sind von den §§ 39, 57 bis 59, 61 bis 65, 146, 241 bis 243b, 305 und 306 des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 31. Mai 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 140) geändert worden ist, für Bereiche, die erfasst sind von den Vorschriften der Versicherungsberichterstattungs-Verordnung vom 19. Juli 2017 (BGBl. I S. 2858), die durch Artikel 7 des Gesetzes vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3214) geändert worden ist, für die Regelungen über das auf Versicherungsverträge anwendbare Recht sowie für Bedingungen, die für das Angebot und den Abschluss von Versicherungen zur Erfüllung einer in einem Mitgliedstaat vorgeschriebenen Versicherungspflicht gelten.
(5)
Das Angebot von digitalen Diensten, bei denen es sich nicht um audiovisuelle Mediendienste handelt, durch einen Diensteanbieter, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, darf durch Maßnahmen auf Grundlage des deutschen Rechts eingeschränkt werden, sofern
1.
dies dazu dient, folgende Schutzziele vor Beeinträchtigungen oder ernsthaften und schwerwiegenden Gefahren zu schützen:
a)
die öffentliche Sicherheit und Ordnung, einschließlich des Jugendschutzes, insbesondere im Hinblick auf
aa)
die Verhütung, Ermittlung, Aufklärung, Verfolgung und Vollstreckung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten,
bb)
die Bekämpfung der Verunglimpfung aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, des Glaubens oder der Nationalität,
cc)
Verletzungen der Menschenwürde einzelner Personen oder
dd)
die Wahrung nationaler Sicherheits- und Verteidigungsinteressen,
b)
die öffentliche Gesundheit oder
c)
die Interessen der Verbraucher und die Interessen von Anlegern und
2.
die Maßnahmen, die auf der Grundlage des deutschen Rechts in Betracht kommen, in einem angemessenen Verhältnis zu den Schutzzielen nach Nummer 1 stehen.
Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 2 sind nur zulässig, wenn die gemäß Artikel 3 Absatz 4 Buchstabe b und Absatz 5 der Richtlinie 2000/31/EG erforderlichen Verfahren eingehalten werden; davon unberührt bleiben gerichtliche Verfahren einschließlich etwaiger Vorverfahren und die Verfolgung von Straftaten einschließlich der Strafvollstreckung und von Ordnungswidrigkeiten.
(6)
Der freie Empfang und die Weiterverbreitung von audiovisuellen Mediendiensten aus anderen Mitgliedstaaten darf abweichend von Absatz 2 vorübergehend beeinträchtigt werden, wenn diese audiovisuellen Mediendienste
1.
in offensichtlicher, ernsthafter und schwerwiegender Weise Folgendes enthalten:
a)
eine Aufstachelung zu Gewalt oder Hass gegen eine Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer Gruppe von Personen aus einem der in Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1) genannten Gründe,
b)
eine öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat gemäß Artikel 5 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6),
c)
einen Verstoß gegen die Vorgaben zum Schutz von Minderjährigen nach Artikel 6a Absatz 1 der Richtlinie 2010/13/EU oder
2.
eine Beeinträchtigung oder eine ernsthafte und schwerwiegende Gefahr der Beeinträchtigung darstellen für
a)
die öffentliche Gesundheit,
b)
die öffentliche Sicherheit oder
c)
die Wahrung nationaler Sicherheits- und Verteidigungsinteressen.
(7)
1Das Angebot von digitalen Diensten kann durch Anordnungen zum Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte nach Artikel 9 der Verordnung (EU) 2022/2056 und zur Bereitstellung von Informationen nach Artikel 10 der Verordnung (EU) 2022/2065 eingeschränkt werden.
2Diese Anordnungen unterliegen nicht den Anforderungen der Absätze 5 und 6.